Briefe von und an Wolfgang Kraus
Die graue Eminenz und ihr langer Schatten


© Ausgewaehlt und kommentiert von Franz Krahberger

Wolfgang Kraus, der Gruender der Oesterreichischen Gesellschaft fuer Literatur galt lange Zeit als graue Eminenz des oesterreichischen Literaturlebens. In seiner Taetigkeit im Oesterreichischen Aussenamt, in der er vor allem Beziehungen in das kommunistische Osteuropa pflegte, hatte er sogar die Funktion einer Art Staatskommissars, ohne solchen Titel auch fuehren zu koennen. Diese Agenden, zbsp. der Vergabe von Stipendien an Osteuropaeer, die Einrichtung der "Oesterreichischen Bibliothek" in wichtigen Staedten des europaeischen Ostens behielt er auch bei, nachdem er die Leitung der Oesterreichischen Gesellschaft fuer Literatur 1994 aus Alters - und Gesundheitsgruenden niedergelegt hatte.

Die österreichische Gesellschaft für Literatur ist ein Verein, der Lesungen, Vorträge und wissenschaftliche Symposien organisiert und veranstaltet. Die Gesellschaft wurde 1961 von Wolfgang Kraus gegründet, der bis 1994 ihr Leiter war. Sein Ziel war "die Förderung und Propagierung österreichischer Literatur; Pflege kultureller Kontakte mit anderen Staaten, v. a. mit den Nachbarländern".

Das ist die lapidare, vereinsrechtliche Beschreibung der Aufgaben der Gesellschaft. Das sie auch ein wichtiges kulturpolitisches Instrument des Kalten Krieges gewesen ist, geht daraus selbstverstaendlich nicht hervor.

Wolfgang Kraus gehoerte jedoch offensichtlich zum inneren Kreis des Kongresses fuer Freiheit; seine ersten Osteuropakontakte beginnen 1959, und er wirkte auch nach dessen Aufloesung in Sondermissionen unverdrossen weiter. Das scheint geplant gewesen zu sein. Torbergs FORUM wurde nach der Aufloesung des Kongresses fuer Freiheit nicht mehr aus CIA Geldern finanziert, der Oesterreichische Staat ist eingesprungen. Die US Clones wurden sozusagen nationalisiert. Einiges, dass da in den 70 er Jahren von der Linken der CIA zurechnet werden ist, duerfte bereits hausgemacht sein. Wie im weiteren vermutlich auch. Oesterreich hatte im fortlaufenden Entspannungsprozess, nach Helsinki 1975 bis zum Fall der Sowjetunion seine Bedeutung als Schluesselstelle einer Ost_West Kommunikations Plattform.

Die Agenden der Oesterreichischen Gesellschaft fuer Literatur lag ohnehin bereits auf der von Zbigeniew Brzezinski konzipierten Alternative zu George Kennans Containment Politik. Anstelle der Konfrontation wurden Kulturkontakte in den Osten gesucht. Man gab die Beruehrungaengste auf. Den Linken duerfte dies als Konvergenzpolitik bekannt sein. Ein Schluessel dazu ist die von Zbigeniew K. Brzezinski bereits im amerikanischen Exil verfasste "Alternative to Partition", veroeffentlicht 1965 vom Council on Foreign Relations , Inc.
Diese Politik der Entspannung und konstruktiven Kontakte, propagiert als Alternative zur Teilung die auch von der Aussenpolitik der Kreisky Administration in Beziehungen zur DDR angewandt worden ist (Kulturkontakte > eine kulturelle Plattform der oesterreichischen Sozialdemokraten unter Aufsicht von Karl Blecha), war letzten Endes erfolgreich und Zbigeniew Brzezinski zaehlt zweifellos zu bedeutensten Schrittmachern der Ostoeffnung und ist nach wie vor einflussreicher Sicherheitsberater der USA, zumindest auf vergleichbarer Spielebene wie Henry Kissinger. Das war ein langwieriger Prozess. Die Berliner Mauer ist vor 18 Jahren erst gefallen. Bis dahin hat ein Korridor des Todes die Deutschen getrennt. Diese Facette des Kalten Krieges ist immer heiss und letal gewesen.

Real findet die Osteuropapolitik heute unter den Bedingungen der neu geordneten Europaeischen Union unter dem Titel Kohaesion statt.

Das erfolgreichste Projekte von Wolfgang Kraus war in diesem Zusammenhang zweifellos Vaclav Havel, dessen erfolgreicher Wahlkampf in Prag spaeter von Karl Schwarzenberg mitfinanziert worden sein soll. Die Oesterreichische Gesellschaft fuer Literatur war die erste westliche Einrichtung, die Havel zu einem Lesevortrag eingeladen hat.
Krausens Kontakte zum CIA, ebenso wie die Naehe Brzezinskis sind gut zu belegen anhand der Korrespondenten Liste von Michael Josselson, dessen Briefwechsel vom Harry Ransom Humanities Research Center an der University of Texas in Austin aufbewahrt werden. Dieser Index of Correspondents ist insofern von besonderem Wert, weil hier die wesentlichen Mitglieder des Congress for Cultural Freedom (CCF), der von Michael Josselson 1950 im Auftrag des CIA begruendet worden ist, aufscheinen.
Auf dieser Liste finden sich die Namen von Friedrich Torberg, Fritz und Otto Molden und von Wolfgang Kraus.

Grosse Hilfe fuer Josselson kam von der oesterreichischen Autorin Hilde Spiel, die damals mit einem der hoechsten britischen Nachrichtenoffiziere im deutschen Westen verheiratet gewesen ist und die 1951 Michael Josselson anlaesslich eines grossen Kongresses in Stockholm den Zugang zum Internationalen PEN verschaffte.

Ebenso aufschlussreich in diese Richtung ist der Briefwechsel mit Francois Bondy, der in zwei Briefen dokumentiert ist, die ich im Nachlass von Wolfgang Kraus im Oesterreichischen Literaturarchiv vorgefunden habe. Hier laesst sich eine enge Zusammenarbeit von Kraus mit Bondy ablesen. Bondy war einer der Herausgeber der europaeischen Kongressgazetten, von Preuves in Paris, Friedrich Torberg gab das vergleichbare Forum in Wien, Melvin Lasky den Monat in Berlin und Irving Kristol den Encounter in London heraus. Die italienische Zeitschrift Tempo Presente, herausgegeben von Iganzio Silone zaehlt ebenso dazu.
Von besonderem Interesse an dem Brief Francois Bondys an den lieben Wolfgang aus dem Woodrow Wilson International Center in Washington, ist die Bemerkung Bondys, dass sich dieser Institut wie auch Hotel mit George Kennan teilt. Das ist George Frost Kennan, dessen sogenanntes Langes Telegramm den Weg in den Kalten Krieg weist.
Kennan war ein Kenner der Materie, von 1945 - 1946 war er Gesandter in Moskau.
Er konzipierte im weiteren den Marshall Plan und entwarf die Strategie des Kalten Krieges als begrenzten Konflikt. Er formulierte die Strategie des Containment, der Eindaemmung, den jedoch die Sowjets als Einmischung verstanden. Er war, bis er 1953 den Staatsdienst beendete, nachdem er von der Sowjetunion zur Persona non grata gestempelt worden ist und den Botschafterposten in Moskau nicht mehr antreten konnte, einer der einflussreichsten Master Minds und Overheads der Kalten Kriegs Politik.
Bondy und Kraus wussten, mit wem sie es zu tun hatten, waren sie doch auch Spieler auf dem selben Feld in die gleiche Richtung.

George Frost Kennan war zweifellos ein herausragender Diplomat und Intellektueller, der nach 1954 eine Professur in Princeton angenommen hat. Bereits sein Grossvater war ein grosser Kenner Russlands gewesen. Er hat eine Geschichte des zaristischen Sibirens verfasst. Er beschreibt und dokumentiert gemeinsam mit dem Fotografen Frost die elenden Zustaende in den sibirschen Straflagern, das System der Verbannung und er erwaehnt auch die Zwangsarbeit, die von den Sowjetkommunisten besonders forciert worden ist. George Frost Kennan selbst hat eine Reihe zeitgeschichtlich wichtiger Buecher veroeffentlicht.

Wolfgang Kraus hatte auch sonst hochrangige Kontakte. So bedankt sich am 15.2.1989 Friedrich Hacker fuer Geburtstagsgruesse Krausens in einem Brief aus Los Angeles. Hacker war mir bereits in der Sichtung des Nachlasses von Hans Weigel aufgefallen. Da schreibt er an Hans Weigel in den 60 er Jahren nach Wien, nennt ihn seinen (noch) allerliebsten Statthalter und erzaehlt, dass ihn gerade Bruno Kreisky und Christian Broda in Kalifornien besucht haben.

In den siebziger und achtziger Jahren leitet Hacker in Wien das Institut fuer Konfliktforschung. Welche Rolle Friedrich Hacker im Kalten Krieg und sonst noch gespielt hat, vermag ich nicht auszuloten und will ich auch gar nicht nachvollziehen.

Von aufhellendem Interesse sind die Briefe, die Wolfgang Kraus an den hochverehrten Herrn Bundeskanzler richtet. Das ist Altkanzler Josef Klaus, der viele Zeit auf seinem Altensitz im spanischen Las Palmas verbrachte. Von allen oesterreichischen Kanzlern war Josef Klaus zweifellos der amerikafreundlichste Kanzler der 2.Republik und Wolfgang Kraus verehrt ihn. Gleichzeitig laesst er in diesen Briefen seine Intimitaet mit den konservativen Maechten durchblicken. Da fallen Namen wie Wolfgang Schmitz, Finanzminister im Kabinett Klaus, Karl Pisa, Staatssekretaer, Alois Mock, Aussenminister unter Franz Vranitzky und OEVP Grande, Wissenschaftsminister Tupy, Gerd Bacher, mehrmals Generalintendant des ORF, sogar Helmut Kohl, der deutsche Kanzler und der bayrische Kultusminister Hans Maier, wird ins Spiel gebracht. Wolfgang Kraus wurde ua. auch das grosse Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, einmal abgegesehen von den oesterreichischen Ehrungen, verliehen.
Wolfgang Kraus suchte Kontakt zur juengeren Politikergeneration wie etwa Peter Marboe, den er schaetzt und dem er gleichzeitig vorwirft, zu grosse Sympathien gegenueber den Linken, konkret gegenueber Jellinek und Turrini zu entwickeln. Zu all diesen Politikern und Kulturmanagern des Staatsapparates pflegt er beste Beziehungen, die auf Naehe schliesen lassen. Erhard Busek hingegen steht er ablehnend gegenueber. Der ist ihm zu liberal, er kreidet ihm zbsp. das Stadtfest an. Da hat Kraus wirklich die Zeichen der Zeit nicht mehr verstanden, das ist ihm zu wenig intellektuell und zu sehr populistisch vorgekommen.

Wolfgang Kraus hat in seiner inhaltlichen wie literarischen und vor allem kulturpolitischen Perspektive immer die grosse Politik im regionalen wie im internationalen Masstab im Auge.
Er hat dazu eine Reihe von Buechern verfasst. Grosse und weitraeumige Leitgedanken zur Kulturpolitik , die jedoch an der Realitaet gescheitert sind oder so kaum einloesbar sein werden. Kraus glaubte wohl, damit historische Bedeutung zu erlangen. Dem wird aber nicht so sein. Auch er ist in der Geschichte zu spaet gekommen., nicht nur Gorbatschow.
Es ist nicht voellig klar ob er nun allein konservativer Chefideologe war, der zbsp. den Jour Fixe, ein philosophisches Dialog-und Gespraechsformat ueber Jahrzehnte im ORF geleitet hat., oder ob er auch Grossinquisitor sein will und es gewesen ist. So denunziert er die in einem Brief an Klaus vom 7.2.1991 den Veranstaltungsort "Alte Schmiede " und das "Literaturhaus" als scharf links. Er werde mit Scholten ein Wort reden, der damals Bundesminister fuer Unterricht geworden war, auch zustaendig fuer Kunstangelegenheiten, und anregen diese Tendenzen einzudaemmen, sozusagen Politik des Containments- das hat er im Kalten Krieg an der Quelle gelernt. Das er in diesem Zusammenhang darauf hinweist, das Scholten ein Altschotte, also Zoegling des benediktinischen Schottenstiftes ist, ist fuer den machtbewussten Kraus, der seine besten Freunde wahrscheinlich unter Cartellbruedern hat, eine Selbstverstaendlichkeit.

Diese Denunzierung und Veraechtlichkeit wie auch Aechtung gegenueber den jungen konkurrierenden Insitutionen, die im Zuge der sozialdemokratischen Kulturpolitik ins Leben gerufen worden waren, setzt er in seinem Essay Zwischen Truemmern und Wohlstand - Das literarische Leben in Oesterreich von 1945 bis zur Gegenwart, erschienen in Geschichte der Literatur in Oesterreich; Band 7 Das 20. Jahrhundert, herausgeben von Herbert Zeman, Graz 1999, Akademische Druck-und Verlagsanstalt konsequent fort.
Hier zeigt es sich, dass Kraus auffallend eitel ist und vor allem die Bedeutung seiner Rolle und die der Gesellschaft fuer Oesterreichische Literatur herausstreicht. Neben der laesst er nichts gelten. Diese Gesellschaft und er haben zu bestimmen, was nun gute Literatur der oesterreichischen Gegenwart ist.

Das wirkt manchmal sogar existenzgefaehrdend. So denunziert er den ungarischen Schriftsteller Peter Nadas in einem Schreiben vom 20.4.1945 an einen Adressaten, den ich ihm Moment nicht identifizieren kann. Aber wahrscheinlich ist es Georg Fischer, der aktuelle Praesident des oesterreichischen PEN Clubs.
Nadas waere ein absuluter Verneiner, ein Isolationist, der im Kommunismus zum elitaeren Egozentriker geworden waere. Er habe bloss Hass auf die Menschheit, er sei ein fanatischer Anti Humanist und wuerde in Oesterreich von den Kreisen eines "aesthetischen Nihilismus" gefoerdert. Nadas sei subversiv, er verstaerke die ruinoesen Kraefte. Kraus laesst in der Nadasschelte nicht weniger den beleidigten Humanisten sondern vielmehr den katholischen Bussprediger erkennen.
Und dann die pragmatische Seite. Am meisten aergert den Kraus, er habe dem Nadas ueber dreissig Jahre seine Hilfe angetragen, der habe sich aber partout nicht helfen lassen.
Im modernen Nihilismus sieht Kraus den Hauptfeind der Gegenwart.Walter H. Sokel, Charlotteville, billigt Kraus zu , das dessen Buch "Nihilismus heute oder die Geduld der Weltgeschichte" vom moralischen Verantwortungsbewusstsein des Intellektuellen gepraegt sei, der in der Tradition der Aufklaerung verwurzelt waere.
Liest man in das Buch hinein, in dem Kraus allem und jeden, das ihm wie ein Dorn im Auge wirkt, fanatisch das Etikett Nihilismus umhaengt, oder zum Nihilisten stempelt. Der Umgang mit den Erscheinungsformen des Hedonismus etwa des amerikanischen Kultursoziologen Daniel Bell ueber die Zukunft der westlichen Welt, vergleichbar mit den von Kraus behandelten Phaenomenen wirkt dagegen gelassen und erhellend.
War Wolfgang Kraus ein Abraham Sancta Clara der Gegenwart, der seinen erzkonservativen Kern nur muehselig verbergen konnte ?

Nicht allein Nadas wird beurteilt. Es findet sich auch eine Bewertung von Gerhard Ruiss, des Generalsekretaers der IG AutorInnen, die in diesem Fall von Milo Dor auf Anfrage von Kraus verfasst worden ist.
Eine andere Denunzation, die staunen macht, traegt Peter Strelka, der sich auf Kafka spezialisiert hat, ohne dass er zu lesenswerten Ergebnissen gekommen waere, der deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft an der State University New York in Albany lehrt, in einem Schreiben vom 10. Oktober 1994 an den verehrten, lieben Freund Wolfgang Kraus heran.

Strelka war vom Leiter der Dokumentationsstelle fuer Neuere Oesterreichische Literatur Heinz Lunzer zu einem Symposium ueber Josef Roth nach Czernowitz eingeladen. Strelka fuehlte sich von Lunzer nicht zuvorkommend genug behandelt, und setzt ihn und den Literaturkritiker Thomas Rothschild mit den moskauhoerigen Fellow Travelers gleich. Strelka geht in seinem dummen Eifer soweit, Lunzer in die direkte Naehe des KGB zu ruecken, weil Lunzer die Honorare in 50 Dollar Noten ausbezahlt habe, und das waere immer schon KGB Manier gewesen.
Was denken sich da unbedarft(e)r StudentIn der Germanistik, so sie solchen Brief im Krausschen Nachlass im Literaturarchiv vorfinden.
Heinz Lunzer mag vieles sein, aber KGB Agent ist der nie gewesen.

Diese primitiven Methoden, mit denen der Universitaetsprofessor da anderen falsches Gewicht zu verleihen sucht, verursachen Uebelkeit. Es ist schlicht gemeingefaehrlich und laesst ahnen nach welchen Kriterien dies in den harten Zeiten des Kalten Kriegs hin und wieder oder oefter geschehen ist, um Honorare aus CIA nahen Kassen zu lukrieren. Um ans Geld zu kommen, muss man ja auch in diesem Metier einen Leistungsnachweis vorlegen.
Ich darf weiters annehmen, dass Kraus eine Reihe von Dossiers verfasst hat bzw. von anderen erbeten hat. Diese duerften jedoch nicht in den oeffentlich zugaenglichen Nachlass eingegangen sein. Moeglich, dass sie sich in den Akten des Aussenministeriums finden werden, so die einmal ins Staatsarchiv ausgesondert werden, vielleicht lagern sie auch in den Archiven jener Partei, der Kraus nahegestanden hat.

Peter Handke hingegen konnte sich der Wertschaetzung von Wolfgang Kraus wirklich erfreuen. Handke hat Wolfgang Kraus viele Postkarten in Verehrung und Freundschaft geschickt. Auffaellig viele zeigen religioese Motive, vor allem aus der romanischen Epoche, Das hat mich daran erinnert, dass Handke in fruehen Jahren, und wahrscheinlich besitzt er es heute noch, sich gerne vor einem Gemaelde seines Jugendfreundes Peter Pongratz fotografieren hat lassen. Das Bild zeigte im Nazarener Stil einen Schutzengel, der sicher ein Kind auf einem schmalen Steg ueber einen tiefen Abgrund geleitet. Dies Bild, dass fast jeder Oesterreicher und Oesterreicherin kennt, es war im katholischen Katechismus fuer Volksschulen abgebildet, wirkt auf mich nun in anderer Weise als Symbol. Wer waren diese Kultur- , Literatur- und Politik Schutzengeln Kraus, Torberg, Molden, Dalma, Bacher, Weigel u.a. wirklich und welche Schutzengel haben aus bestimmten Gruenden wieder auf diese geschaut ?
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Aber so wie es Puerggschafter gegeben hat, gab es auch Genossenschafter. Mir zbsp. wurde Anfang der 90er Jahre im Literaturnetz der oesterreichischen AutorInnen,Wien; in einer ueblen Form der On-Line Account der neu eingerichteten On-Line Literatur Box von 1er Stunde taeglich auf 5 Minuten gekuerzt.
Der Grund: Ich hatte in einem offenen Posting eins zu eins eine kurze FAZ Meldung wieder gegeben, die davon berichtete, dass der Vorsitzende des DDR Schriftstellerverbandes Hermann Kant den Westdeutschen Schriftstellerverband zu beeinflussen versuchte, Wolf Biermann auch in Westdeuschland das Leben schwer zu machen. Biermann war in einer besonders fiesen DDR Aktion Mitte der 70 er Jahre die Wiedereinreise in die DDR verwehrt worden.
Nach der Wende kamen viele Informationen ans Licht, die nun die Tragik frueherer Ereignisse viel besser verstehen liessen. Der wahre Abgrund wurde endlich sichtbar.
Meine virtuelle Aussperrung geschah Anfang der 90er Jahre, nach dem Mauerfall: in Wien und nicht in Ostberlin. Hinter der Aktion wider mich standen der Performer des Literaturnetzes des Wiener Literaturhauses und zwei der KPOE nahestehende Liedermacher, die den Niedergang und den Fall von Pankow offensichtlich verschlafen hatten oder eben nicht wahrhaben wollten. Das bestuerzende fuer mich daran ist gewesen, dass keiner der leitenden FunktionaerInnen der IG AutorInnen, die ich darauf angesprochen habe, meinen Fall anhoeren wollte.
Sie brauchten zwei Jahre dazu, um sich von diesem Netzwerk Stalinisten, der dann noch eine hohe Abfertigung bezogen haben soll, zu trennen. Er hat eine erhebliche Abloesesumme erhoben und duerfte auch einen erklecklichen Teil kassiert haben. Einer der Vorstandsmitglieder, lange Zeit der Vertreter bzw. abgeordnete Sprecher des PEN Clubs bei den IG AutorInnen, der zwei Jahre zuvor meinen Protest voellig ignoriete, hatte dann noch die Stirn, mich in der Abfertigungsfrage zur Zeugenschaft wider den missliebigen Performer, der offensichtlich seine Machtspielchen auch intern auszuueben begonnen hat, anrufen zu wollen.
Dass Funktionaere des Dachverbandes inklusive des Generalsekretaers meinen Fall unter den Tisch spielten, hat sie in meinen Augen auf Dauer disqualifiziert . Zu einer Organisation, deren Leitung agiert, in dem sie in solchem Fall nicht handelt, kann man nur auf Distanz gehen. Vertrauen ist mit solcher Haltung nicht mehr gegeben. Die Linke spricht von Solidaritaet, uebt sie aber nicht.

Karl Corino hat in seiner 1995 publizierten Akte Kant - IM "Martin", die Stasi und die Literatur in Ost und West festgehalten, dass der DDR Schriftstellerverband verdeckt in Oesterreich Stimmung gegen den Ingeborg Bachmann Preis, gegruendet von Humbert Fink unter Geburtshilfe von Friedrich Torberg und Marcel Reich Ranicky, gemacht hat, wiederum ueber einen der KPOE nahe stehenden Sympathisanten Kreis. Ich erinnere mich, dass damals in der Grazer Autoren Versammlung die Losung Wir gehen nicht nach Klagenfurt wettlesen.. kursierte. Das war zu Zeiten, da Joerg Haider noch nicht Kaernter Landeshauptmann gewesen ist und die kulturelle Landespolitik noch von den Kaernter Sozialisten bestimmt worden ist. Der Anlass der Intervention war die Verleihung des Bachmannpreises 1978 an den DDR Dissidenten Ulrich Plenzdorf fuer den inneren Monolog Kein Runter, kein Fern. Ihm gegenueber wurden offensichtlich die gleichen Methoden angewendet, die man auch Wolf Biermann zugedacht hat. Sozusagen in Handschrift von Markus Wolf und dem ausuebenden Organ, dem DDR Schriftstellerverband in freundschaftlichen Beziehungen zu westdeutschen und oesterreichischen KollegInnen.

Nicht allein die oesterreichische Rechte unter Anleitung der Haider FPOE war gegen den EU- Beitritt. Auch oesterreichische AutorInnen, Kuenstler und Intellektuelle waren unverstaendlicherweise gegen den EU Beitritt. Auch diese Eu-Anti Haltung war vor allem von KPOE nahen Personen propagiert worden . Offensichtlich waren denen der Moskauer Status Quo wichtiger als die Europaeische Entwicklung. Auch da ueberholte die Geschichte den Starrsinn. Es gibt offensichtlich nicht nur Personen, die in der Geschichte zu spaet kommen. Es gibt auch solche, die aus der Geschichte nichts lernen wollen, obwohl sie eine ganze Menge zu lernen haetten.
Es gab eben nicht allein Puerggschafter, sondern auch Genossenschafter. Insgesamt ein weiteres truebes Kapitel oesterreichischer Kultur - und Politikgeschichte.

Zwei weitere Grussbotschaften habe ich noch Wolfgang Krausens Nachlass vorgefunden. Sie kamen von Kardinal Ratzinger, der damals noch der Commissione bone Fide vorgestanden hat, jener Einrichtung der katholischen Kirche zur Erhaltung des guten Glaubens, die u.a. bis in die 60 er Jahre vorigen Jahrhunderts fuer den Index der verbotenenen Buecher zustaendig gewesen ist. Aber solches konnte Wolfgang Kraus nicht mehr umsetzen. Wie auch, ist er doch zwangslaeufig Exponent der offenen Gesellschaft gewesen...

Postscript Editorial des Herausgebers:

Nachdem ich heute einen Brief der Oesterreichischen Nationalbibliothek, datiert mit 12.Feber 2009 erhalten habe sehe ich mich gezwungen dokumentierende vollinhaltlich wiedergegebene Briefe von Wolfgang Kraus aus meinem Text aus der Puerggschaft zu entfernen. Das Recht auf das kleine Zitat werde ich mir jedoch von der Rechtsabteilung und der Internen Revision der OENB nicht nehmen lassen. Sollten Sie den Brief im gesamten Originaltext lesen wollen, muessen Sie sich in das Oesterreichische Literaturarchiv der OENB, eingangs Michaelerplatz Wien 1010 bemuehen. Dr.Kastberger vom Literaturarchiv weiss nichts vom gegenstaendlichen monierten Vorgang der Direktion der OENB, das hat er mich zumindest telefonisch so wissen lassen. Der Support des Literaturarchivs war zur Zeit der Einsichtnahme in das Kraus Konvolut ausgesprochen freundlich wie hilfreich.

Was die Verwendung des OENB Logos auf der Frontsite des Electronic Journals Literatur Primaer anlangt, moechte ich festhalten, dass diese auf eine muendliche Vereinbarung mit Generaldirektor Marte zurueckgeht, die 1997 getroffen worden ist. Sowohl das Electronic Journal Literatur Primaer wie das Admontinische Universum waren Teil eines Pilotprojektes zur Sammlung oesterreichischer Websites. Ich habe mit Dr.Marte eine verplichtende wie dauerhafte Sammelvereinbarrung getroffen, der die OENB jedoch kurz vor 2000 nicht mehr nachkommen konnte, weil sie zwei dazu noetige Dienstposten streichen musste. Ab Maerz 2009 sieht das etwas anders aus. Ab da an gilt ein per Gesetz verfuegter Sammelauftrag seitens der Republik Oesterreich. Auch der gut besetzte informelle Arbeitskreis hat sich daraufhin aufgeloest. Schade. 10 Jahre spaeter werden sie hart daran arbeiten muessen, das Projekt auf die Reihe zu bekommen. Es wird da nicht genuegen, einfach den automatischen Webharvester beim Provider vorbei zu schicken. Erstens einmal rechtlich bedenklich, da damit die individuelle Abgabepflicht von eigenstaendig publizierenden AutorInnen (etwa auch von Elfriede Jelinek) , von Web Editoren u.a. empfindlich ausser Kraft gesetzt wird, und zweitens formal bedenklich, da bei komplexen Frames keine Garantie besteht, dass die Website im Archiv korrekt abgebildet wird.
Viel Vergnuegen und Gelingen bei Loesung dieser Aufgabe wuenscht der Herausgeber.

Hier die entfernten Briefe im kleinen wie unverfaenglichem Zitat !

Wolfgang Kraus an Josef Klaus am 18.1.1988

Sehr verehrter, lieber Herr Bundeskanzler (Altkanzler Josef Klaus),

vielen Dank fuer Ihren lieben und mich sehr ermutigenden Brief. Die Monate waren nicht gerade leicht, mit viel Arbeit, Trubel und Aerger erfuellt. Wenn ich auch mit meinen Plaenen und Veranstaltungen durchgekommen bin, wie ich wollte, so gab es eben viele Nebengeraeusche und Widerstand. Leider findet man etwa in der "Presse", wo dies doch sein sollte, keinerlei Hilfe, sowohl im Kulturteil (Kathrein) als auch bei Schulmeister Skepsis, ja Sympathien fuer die Gegner (etwa Hans Haider)....

Wolfgang Kraus an Josef Klaus am 7.2.1991

Sehr verehrter, lieber Herr Bundeskanzler,

vor meinem Fenster schneit es, aber die Tage mit -10 und -16 grd scheinen vorbei zu sein. Der Winter hat sich noch in letzter Frist ganz ordentlich aufgebaut. Was alle in der Weltgeschichte geschehen ist... werden Sie jetzt hier nicht weiter lesen koennen.

Wolfgang Kraus an Josef Klaus am 24.3.1992

Sehr verehrter, lieber Herr Bundeskanzler,

hoffentlich haben Sie meinen ausfuehrlichen Brief um Weihnachten erhalten, in dem ich unter anderem von meiner Verstimmung mit der "Furche" schrieb.

Ihr Wolfgang Kraus
Am 5.2.75 schreibt auf dem Briefpapier eines Fellows des Woodrow Wilson International Center for Scholars im Smithonian Institution Building in Washington D.C. Francois Bondy an Wolfgang Kraus

Lieber Wolfgang,

herzlichen Dank fuer Ihren lieben und bewegenden Brief....

Nun zu anderem. Ich bin zum meiner Freude taeglich mit George (Frost) Kennan zusammen - gleiches Institut, gleiches Hotel.

Wolfgang Kraus schreibt am 6.1.1995 einen Brief an Francois Bondy

Lieber Francois,

erst gestern Abend las ich in der FAZ von ihrem achtzigsten Geburtstag, was mich nicht ueberraschen haette sollen, da ich knapp vor meinem einundsiebzigsten bin. Ich setze mich heute frueh sogleich an die Maschine um Ihnen nachtraeglich, aber sehr herzlich und mit vielen guten inhaltsreichen Gedanken zu gratulieren. Die Altersgedanken sind mir wohlvertraut. Wie wichtig die Gesundheit wird, ist mir laengst klar, aber ich lese, dass es Ihnen wieder gut geht, wenn ich auch seite laengerer Zeit Ihre Artikel vermisse. ich war sehr lange nicht in Zuerich, und meine letzte Erinnerung an Sie ist eine Begegnung im Hotel de France, wo wir einander bei einem Symposion trafen, Ihre liebe Gattin begleitete Sie.....

In Wien erfand ich 1988 fuers Aussenamt die "Oesterreich Bibliotheken", deren Trick die damit verbundenen Stipendien sind, und deren 37 es jetzt in den postkommunistischen Laendern gibt. Die Einladungen besorge ich (trotz meines Ruecktrittes von der Leitung der Literaturgesellschaft) bis heute fuers Aussenamt. Mit diversen Reisen, Vortraegen und halbamtlichen Nachschauhalten, sowie Buchschreiben bin ich nach wie vor schwer strapaziert und arbeite die Wochenenden durch....

Eben muss ich mich an eine gemeinsame Reise nach Rumaenien erinnern- wie interessant - und wie persoenlich angenehm und schoen - bei all dem Tragischen, was wir vorfanden - war das damals.

Meine Wuensche sind bei Ihnen, vor allem fuer einigermassen guenstige Gesundheit. Ich weiss nicht, wann ich nach Zuerich komme, aber ich habe das schon lange vor. Ich melde mich rechtzeitig. Sehr gerne wuerde ich Sie wiedersehen. Bitte empfehlen Sie mich Ihrer lieben Gattin.

Sehr herzlich gruesst Sie Ihr Wolfgang Kraus.

Den mir nicht voellig verstaendlichen Forderunger der Oesterreichischen Nationalbilbiothek, da im Kontext oeffentliches Interesse besteht, lesen Sie bitte hier. Ich bin dem selbstverstaendlich entgegen gekommen. Es bedarf nicht des unsinnigen Rechtsstreites ! Es ist jedoch nicht einzusehen, dass Nachlaesse mit Mitteln der Republik angekauft werden, und dann der Oeffentlichkeit nur beschraenkt, vielleicht gar noch mit Sperrvermerken, zur Verfuegung gestellt werden.



Josselson, Michael; Papers, 1914-1991 (bulk, 1960-1978)

George Frost Kennan

Interview with George Frost Kennan on CNN

Zbigniew Brzezinski

Das Theater des Westens> Der Marcel Prawy Report

Franz Krahberger; Die Puerggschaft

Kulturpolitik des Kalten Krieges

Franz Krahberger; The Masterminds


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