Trouble in Paradise







Der Tiergarten Schoenbrunn ist in die Jahre gekommen. Der Zoo wurde von Jean Nicolas Jadot de Ville-Issey unter der Bauherrschaft Franz Stefan Lothringens, der am Konzept selbst mitgearbeitet hat, errichtet. 1752 wurde der Tiergarten nach etwa einjähriger Bauzeit mit Tieren besetzt. Die Menagerie Schönbrunn war bis gegen Ende der Regierungszeit Maria Theresias der kaiserlichen Familie vorbehalten. Erst Josef II oeffnete den Park fuer anstaendig gekleidete Personen. In seiner urspruenglichen Konzeption zaehlt der Tierpark zur symbolisch aufgeladenen Aura des zeitgemaess absolutistischen Herrschers. Dem Weltenherrscher war die Menschen- und die Tierwelt untertan, ebenso eignete ihm Wald, Flur und Au. Der Pavillon im Tiergarten diente der kaiserlichen Familie als Fruehstueckszimmer. Damals verstand man noch viel von der Jagd und weniger von der Natur.

Zur selben Zeit wurden von Linne die Grundlagen der modernen botanischen und zoologischen Wissenschaft geschaffen. Im 19.Jahrhundert wandelten sich die Tiergaerten zu Schaubuehnen des aufgeklaerten Buergertums, um sich im 20.Jahrhunderts zu erweiterten Kindergaerten der grosstaedtischen Bewohner zu verwandeln. Wissenschaftlich haben die Zoos heute ihre Bedeutung verloren. Das Leben der Wildtiere wird authentisch in den ihnen (noch) eigenen Territorien vor Ort studiert. Die Tiergaerten hingegen spezialisieren sich in dankenswerter Weise auf die Erhaltung bedrohter Arten. So auch Schoenbrunn,

Die Interventionen von Steinbrenner / Dempf erinnern an den menschlichen Raubbau und an die menschlichen Raubzuege in der Tierwelt im Zeitalter des Anthropozaens, dessen Beginn mit dem Anfang der industriellen Revolution um 1800 angesetzt werden kann. Binnen 210 Jahren hat uns der technologisches Fortschritt an den Rand der oekologischen Katastrophe katapultiert. Die Evolution des Menschen, nach dem er bereits grosse Teile der wilden Natur ausgerottet und fuer sich brauchbar gemacht hat, endet wahrscheinlich in einem klaeglichen gloabalen Zug der Lemminge, der absehbar mangels weiterer Resourcen einsetzen muss. So hat es uns zumindest Theorie und Praxis der Evolution gelehrt.

Dazu Denis Meadow, Autor des Buches Grenzen des Wachstums, eine Studie, die vom Club of Rome 1972 in Auftrag gegeben worden ist, heute:

Der Klimawandel hat uns gezeigt, dass dieser Planet Grenzen hat. Dass unsere Atmosphäre nicht unbeschränkt Emissionen aufnehmen kann. Trotzdem gehen die Emissionen außer in den ärmsten Ländern, die sich keine fossilen Energien leisten können, überall nach oben. Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre wächst immer schneller. Es wird zwar eifrig diskutiert, was man gegen den Klimawandel tun kann, aber Bevölkerungswachstum und Lebensstandard werden nicht angerührt. So, als brauchten wir eine Lösung des Klimaproblems, die Reichen erlaubt, ihren Lebensstandard zu halten, und Armen erlaubt, zu den Reichen aufzuschließen. Das ist pure Fantasie. Das wird nie passieren. Aber die Klimapolitik basiert auf dieser Idee, darum funktioniert sie nicht.

Einen sanften Übergang wird es nicht spielen, weil wir schon weit über dem sind, was der Planet erträgt. 1972 wäre es vielleicht noch möglich gewesen. Damals lag der ökologische Fußabdruck eines Erdbewohners bei durchschnittlich 85 Prozent der Tragfähigkeit des Planeten. Heute liegt er bei 135 Prozent. Wir müssen uns drastisch einschränken.

In den Grenzen des Wachstums-Szenarien erreicht der Ressourcenverbrauch sein Maximum zwischen 2010 und 2020. Wann sind die größten Spannungen zu erwarten? Die meisten würden sagen, wenn es abwärts geht. Ich erwarte sie unmittelbar vor dem Gipfelpunkt, wenn alle negativen Einflüsse zusammenkommen, die das Wachstum schließlich stoppen. Wir sind an dem Punkt angelangt, wo die das Wachstum fördernden Faktoren nicht mehr größer sind als jene, die es blockieren - wie etwa die zunehmende Knappheit von Öl und Trinkwasser oder der Klimawandel. Ich weiß nicht, ob diese Phase 20 oder 30 Jahre dauern wird, aber wir sind schon drin. Präsident Obama beschwört grüne Sprossen als erste Zeichen eines Wiederaufschwungs. Das ist pure Fantasie.

Steinbrenner & Dempf haben das ebenso mitbekommen und zeigen im Teich des Nashorngeheges ein zur Haelfte untergegangenes Autowrack. Auf der Pinguin Insel haben sie eine Oelfoerder Pumpe aufgestellt. Aktuell beginnt der Wettlauf um die Oelfelder, die unter den Tiefen der Arktis vermutet werden. Denkbar, dass die Suche auch auf die Antarktis ausgedehnt wird.

Ein Schienenstrang haben sie durch das Bison Gehege gezogen. Der amerikanische Bison ist im Zuge der Errichtung des Eisenbahnnetzes fast dezimiert worden. Einerseits diente er zur Ernaehrung der Bahnarbeiter. Spaeter schossen Jaeger von den Zuegen der Central Pacific Railroad aus in die Bueffelhorden. Ein versierter Bueffeljager konnte so bis zu 100 Stueck am Tag erlegen.

Den Bisons ging es bereits um 1870 an den Kragen. Im Zuge des deutsch franzoesischen Krieges wurden alle europaeischen Armeen neu ausgestattet. Fuer die Anfertigung der Stiefel wurde en masse Bueffelleder aus den USA importiert. Das Bueffelfleisch liessen die Jaeger in den Praerien verrotten. Einer dieser Bueffeljager wurde weltberuehmt und praegte mit seiner Show die Klischeevorstellungen ueber den Wilden Westen. Es war der Bueffelschlaechter William Frederick Cody, alias Buffalo Bill, der seine Show auch in Europa gezeigt hat.

wikipedia Dank der Gründung des Yellowstone-Nationalparkes im Jahre 1872 erhielten die Bisons noch rechtzeitig ein Rückzugsgebiet. Seit dem 15. Januar 1883 war die Jagd der meisten Tiere im Park verboten. Wilderei stellte jedoch ein großes Problem dar, auch nachdem die US-Army in Fort Yellowstone 1886 die Betreuung des Parks übernahm. 1894 lebten in ganz Nordamerika noch rund 800 Exemplare, etwa 200 davon in Yellowstone als die letzten freilebenden Bisons der Vereinigten Staaten. Ihre Zahl fiel bis zum Tiefststand 1902 auf nur noch 23 Tiere. Ihr Überleben ist dem Zoologen und Naturschützer George Bird Grinnell zu verdanken, der seit den 1890er Jahren für den Schutz der Art kämpfte und der mit Hilfe seines persönlichen Freundes, dem späteren US-Präsidenten Theodore Roosevelt, Druck auf das US-Innenministerium organisierte, bis die Armee die Unterdrückung der Wilderei im Yellowstone-Nationalpark zur Priorität machte.

Im Krokodil Terrarium finden sich zwei Badewannen, das Ladenschild eines Delikatessenladens und ein mannshoher Autoreifen, wie er an schweren Transportlastern zu sehen ist. Jene Reifen, die an den Transportlastern montiert sind, auf die Oelsand in kanadischen Foerderfeldern geladen wird, wuerden die Dimension des Terrariums sprengen. Die neue Elefantenstation haben Steinbrenner & Dempf mit einer Winterhuette verziert.

Ich habe mich von Steinbrenner & Dempf anregen lassen, habe das Terrain sondiert und bin mit eigener Kamera auf Spurensuche gegangen.

Einer besonderen Reifenspur bin ich nachgegangen. Da haengen in Terrarien und Affenhainen Autoreifen von Goodyear. Ausgangs des Tierparks bin ich fuendig geworden und habe ein Sponsorschild am Eisbaer Terrarium gefunden. GOODYEAR in trauter Gemeinsamkeit mit Buergermeister Michael Haeupl finden sich darauf verewigt. Autobahn oder Naturpark ? Man kann nicht beides haben. Wir wissen, dass dies ein kaum loesbarer Konflikt ist. Die Goodyear Hilfsaktion wirkt so wie der Schmaeh vom naturbewegten Hundertwasser. Autotaferln im Hundertwasser Design zur Staerkung oesterreichischer Identitaet, montiert ueber dem Auspuff mit all seinen Abgasen. Die skulpturale Intervention von Brener & Dempf wurde allerdings von Goodyear nicht gesponsert

Laut einer Studie des Meteorologischen Zentrums Hadley in England könnte sich das Klima in den nächsten 40 Jahren um 4 Grad erwärmen. Doppelt so schnell, als bisher prognostiziert. Durch Dürren freigesetzte Giftstoffe werden als Hauptgrund festgemacht. Dürren heizen den Klimawandel weiter an. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Meteorologischen Zentrums Hadley in England. Damit würde die Erderwärmung fast doppelt so schnell erfolgen und die Welt stärker gefährden, als zuletzt prognostiziert, erklärte Debbie Hemming, Co-Autorin der Studie, aus Anlass einer Klimakonferenz der Universität Oxford. In den letzten drei Jahrzehnten betrug der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur "nur" ca. 0,75 Grad. September 2009

2 Prozent Erdwaermung galten bisher als maximal verkraftbar. Jeder darueber liegende Wert wird die katastrophale Entwickung unberechenbar machen. Dieser Entwicklung wird keinerlei aesthetisches Beschreibungsmodell, wie dies noch in den Texten zu Brener & Dempf weitgehend geuebt wird, standhalten. Trotzdem, das antagonistisch angereicherte Environment gefaellt mir. Es kann unter der breit gestreckten Klientel zu weiterer Aufklaerung beitragen. Es wird angenommen. So hat es mir ein Besucher erzaehlt, der den Park offensichtlich oefter besucht.

Die einzigen frei lebenden Tiere, die vom Park profitieren, duerften die Kraehen sein. So berichtet die Direktorin des Zoos, Dagmar Schratter, in ihrem Beitrag im Steinbrener/Dempf Band. Gitter aller Art habe ich besonders hervorgehoben. Nur hinter Gittern lassen sich die in der Natur frei lebenden Wild- und Raubtiere im urbanen Bereich halten. Der Druck, den der Mensch global auf die Tierwelt ausuebt, haelt an. Seine temporaere Ueberlegenheit hat der Mensch den Tieren schon lange bewiesen. Anschaulich dargestellt im Zoo und in diversen Museen, in denen Tierpraeparate ausgestellt werden.

Eine Real Intervention stiehlt Steinbrener/ Dempf die Show. Das Suedamerika Gehege wird umgebaut, um Puma & Co. annaehernd artgerechten Auslauf zu bieten. Da wird gegraben, gebaggert, das Erdreich umgekrempelt, um schlussendlich als gestalteter Landschaftsgarten mit Dschungelimpressionen neu zu erstehen. Deutlicher laesst sich der Eingriff in die Natur nicht darstellen. Die Baumassnahmen weisen auf das Dilemma der Zoogestaltung. Viele Kaefige sind ueberaltet, wahrscheinlich noch dazu unter Denkmalschutz. Solche Kaefighaltung kann man den Tieren nach den neueren Erkenntnissen nicht mehr zumuten. So wurden bereits in der Zeit von Pechlarner Gehege und Rueckzugsplaetze der Tiere veraendert und ihrem Artverhalten angepasst. Ich war vor etwa 20 Jahren das letztemal im Tiergarten und habe damals ein deutlich tristes Poem verfasst.

Aus Nachtlied des Pumas im Auge des Falken

ich bin ein alter zahnloser, jagdloser puma geworden / in eurem zoo / und habe dort einen verrrückten löwen / ich meine, einen verrückt gewordenen löwen gesehen / der da hin und her und immer hin und her / einen zweischritt im knappen kreis schreitet / damit die kinder wissen was denn wirklich ein eingesperrter löwe ist / fressen will er nicht mehr / nichts hat er mehr nötig / alles wird ihm gebracht / so tanzt er nur mehr seinen irrsinnigen tanz / seine familie liegt tröge herum wollen als verrückt nicht gelten/ so halten sie still und lassen sich füttern

Impressionen aus dem herbstlichen Tierpark


Fotografiert von Franz Krahberger



































































































Das Vorbild: Die Menagerie Ludwig XIV in Versailles

Nachtlied des Pumas im Auge des Falken

Katalanisches Thierepos

Admontinische Universum II - Naturwissenschaften

Medienbaustein


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