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Electronic Journal Literatur Primaer 15 Jahre im Netz

© Franz Krahberger

Ein Rueckblick: DIE WELT, Pressespiegel vom 28.Juni.1996 / Berlin

Electronic Journal Literatur Primaer

Erstmals ein qualitätsorientiertes deutschsprachiges Literaturforum im Netz, das auch noch ansprechend gestaltet ist. Und fast erwartungsgemäß aus Wien. Ein Erlebnis, die knorrige Stimme Ernst Jandls durch den Äther kriechend zu hören.

Aus WELT online Internet-Adreßbuch: Ein kommentiertes Verzeichnis der wichtigsten Internet-Angebote zu Themen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Sport und Kultur

Ein neues Medium ermoeglicht neue Darstellungsformen und fuehrt zu heftigen formalen Debatten, was nun das Angemessenere waere. Etwa der kurze Text sei angebracht, der lange waere obsolet. Ich habe allerdings eine voellig andere Erfahrung gemacht und lehne jegliche mengenmaessige, ausser die sinnfaellige, Einschraenkung ab. Ich kann wenig mit Blogs anfangen. Eine entsprechende Form biete ich ohnehin seit Anbeginn des E- Journals mit dem News Flush an.

Ich glaube zbsp. nicht, dass das Web 2.0 die ultimative Erweiterung und der unbedingte Fortschritt des Netzes ist. Ich bezweifle andererseits nicht, dass es fuer Social-und Info Networking, fuer Tratsch und Selbstdarstellung besonders geeignet ist. Allerdings mit der Gefahr, so man sich allzu sehr oeffnet, dass der Personalchef, der zeitgeistige Medienspanner eines X-beliebigen Unternehmens, in dem der FaceBook User oder die Userin gerade ein Bewerbungsschreiben abgegeben hat, zu Ungunsten des Bewerbers entscheidet. Dies zeigt, dass Big Brother nicht allein ganz oben sitzt. Er kann sich auf viele Millimetterniche verlassen, die global verteilt an ihren Monitoren hocken und dem Gott der Deregulierung und des Neoliberalismus huldigen. Eine neue Form von Schreibtischtaetern und Bonschneidern, die keinerlei soziales Gewissen verspueren, aus ihrem ureignen nach Verbesserung ihrer eigenen Lage. Sie sind Spezialisten in eigener Sache und weniger des Unternehmens, dem sie eigentlich dienen sollten.

Diese Neuerungen dienen nicht unbedingt dem Fortschritt publizistischer wie gestalterischer Aesthetik, warum sollten sie. Sie halten ausschliesslich den Kommunikationsmarkt im Gange, dieses unuebersichtlich gewordene Monstrum aus Spekulanten, TeleKom, Providern, Soft- und Hardwareherstellern, die staendig Neues ins Spiel bringen, um den Draht bewegt, die Information in den Lichtwellenleitern pulsieren und Dollars und Euronen am Rollen zu halten.

Ich persoenlich halte aus gemachter Erfahrung wenig vom interaktiven Dialog und Multilog per Monitior. Der ist meist zeitraubend, die Qualitaet des Gesprachspartners kann man selten bestimmen. Manchmal haben sich e-mail Kontakte in heftigen Flames aufgeloest, weil es einem schlicht und einfach zuviel geworden ist. Der Multilog hat in den Pionierzeiten des Internets viel gebracht. Da konnte man einen Qualitaetssprung erkennen. Doch die Pioniere, die damals dem Netz zur globalen Exitenz verholfen haben, sind alt und muede geworden. Die Massen, die heute zu Orange und Telekom Konditionen das Netz stuermen, sind nicht bloss Computzer Illiterates.

Zum Reden gehe ich wieder lieber in ein nicht verrauchtes Cafehaus, um mich mit zuverlaessigen Bekannten zu unterhalten. Interessante und freundlich gesinnte e-mails werden jedoch nach wie vor beantwortet, brauchbare Informationen im Electronic Journal Literatur Primaer weiter verbreitet.

Fuer die Mehrheit ist Informatik ein logisches Greuel. Generell zaehlt die Informatik zu den unterbesetzen Studienrichtungen und die Hersteller suchen verzweifelt nach Nachwuchs. Eine schlechte Nachricht fuer all jene, die in komplexer Softwaregestaltung die Zukunft der Medienkunst gesehen haben. Den Flaschenhals, der den Durchsatz der Datenmengen schwer einge- und die Creatoren beschraenkt hat, gibts ohnehin nicht mehr.

Ich versuche eher mit den gaengig zuverlaessigen schlichten Mitteln zu neuen Ergebnissen zu kommen. So gelang bereits in der Produktion des Admontinischen Universum eine merkbare neue Qualitatet in der umfassenden Darstellung eines Gesamtkunstwerkes, wie es bislang in Buchform nicht gelungen ist und auch im Web nach wie vor einzigartig zu sein scheint. Ich habe bislang im WWW nichts vergleichbares gefunden, obwohl nun mehr als 10 Jahre vergangen sind.

Der beliebig erweiterbare Hypertext mit seiner Integrationsfaehigkeit von Wort und Bild (auch Video, Audio, Datenbanken > etwa ein digitalisierter Katalog, und avancierte interaktive Spielformen liessen sich einbinden) ist ein wirklich maechtiges Gestaltungs- und Organisationswerkzeug.

Mit der digitalen Fotografie hat sich ein weiteres flinkes wie flexibles Gestaltungsmittel eingestellt. Nachdem ich die Moeglichkeiten des Scanners durchgespielt und damit die Scanoage entwickelt habe (siehe artsite des e-journals) benutze ich seit einigen Jahren effizient eine digitale Kamera, ein weiteres, von mir bedientes wie genutztes Auge des PCs.

Ich bin zu ersten Ergebnissen gekommen. War es im Admontischen Universum noch die detaillierte strukturierte Text / Bild Kombination ist es jetzt der Bilder - Streifen. In Admont Universe waren es 170 Fotos, im Hypertext Projekt U4 sind es bereits ca. 2000 Fotos, die erlauben, komplexe Stadt- und Infrastruktur, Ausstellungen und Messeevents etc. umfassend darzustellen.

Der Bildstreifen kann von UserIn in ihrem, in seinem eigenen Takt bewegt werden, man kann den vor und zurueck scrollen, man kann verharren, und mittels der aktiven Pfeile kann man in andere Zonen des Hyper City- und Verkehrskomplexes gelangen.

Die Kamera und der daraus resultuierende Streifen simuliert sozusagen das Auge und die Wahrnehmung des Gehenden. Der Flaneur liest die Erscheinungsformen der Stadt in ihrer Architektur, ihren Menschen, ihrer Zeichenhaftigkeit und ihren Ikons aller Art. Die Idee geht auf Joycens Ullysses zurueck. Roland Barthes und Umberto Eco haben mit Im Reich der Zeichen und mit Das offene Kunstwerk die passende Theorie dazu geschrieben. Ich habe sie im neuen On-Line Medium zur Methode gemacht.

Zwei Erfahrungen moechte ich hervorheben. Man kann in der Stadt kaum mehr ein Foto ohne irgendein Werbezeichen machen. Die Stadt ist laengst Buehne der Wirtschaft.

Fernand Leger wollte im Paris der 20er noch mittels der oeffentlichen Filmprojektion Kunst ins Spiel bringen. Er wollte Filme auf die Hauswaende projezieren. Heute ist es der taeglicheFilm von Business und Werbung, der ohne Unterbruch auf das Auge zurollt und ueber unser Auge hinwegrollt.

Die Masse der Menschen birgt Ueberraschungen und ihre einzelnen ExponentInnen, die hervortreten, sind bedeutend spontaner, als man ihnen theoretisch zutraut. Sie sind das eigentliche Gegengewicht an Sujets zum hoch- und durchgespielten Olymp der Mode Models und der Medienstars. Sie brauchen keinen Lifeball Schnick Schnack, um authentisch zu sein. Ein herzliches Danke allen, die sich mit einem Laecheln fotografieren lassen haben und auch denen, die nicht wahrnehmen konnten, dass ich sie fotografiert habe.

Die bisherig gemachten Erfahrungen, sind abgesehen von der schwierigen Finanzierbarkeit, durchaus positiv zu bewerten. Selbst der weltbekannte Jimmy Wales, der Gruender des profunden Wissenspeichers Wikipedia, der die Enzyklopaedisten in Angst und Schrecken versetzt, Brockhaus hat sein Bibliographisches Institut bereits auf Dauer geschlossen, muss nun On-Line schnorren. So gesehen sind wir drauf und dran, nicht am Medium, nicht mit unserer Arbeit, sondern an der Praepotenz und Ignoranz der On-Way UserInnen zu scheitern.

Einerseits gelingt es, interessante Themen publizistisch so zu platzieren, es ihnen entsprechende Aufmerksamkeit zuteil. Das Electronic Journal Literatur erreicht bei weitem mehr LeserInnen als vergleichbare Druckerzeugnisse im Spektrum der Literatur-und Kulturzeitschriften.

Ein grosser Vorteil ist die rasche Reaktionsmoeglichkeit, der terminunabhaengige und offene Dialog mit dem medialen Umfeld. Weiters kann man davon ausgehen, dass jeder Aufruf via Google von vornherein Interesse fuer das jeweilige Thema signalisiert, unabhaengig davon, woher der kommt.

Im wesentlichen folgt die Entwicklung des Electronic Journal Literatur Primaer der urspruenglich aus- wie weitreichend grosszuegig entworfenen Konzeption. Wesentliche oder gravierende Aenderungen bleiben erspart. Kleine Verbesserungen und neue Erkenntnisse gehen permanent in die Arbeit im flexiblen Frame ein.

PartnerInnen des Electronic Journal Literatur Primaer sind grundsaetzlich die AutorInnen aus Literatur, bildender medialer Kunst und der Wissenschaft. Die aufgegriffenen Themen allgemeine Literatur, kulturelle Zeitgeschichte, Neu Mediale Kultur haben sich als dauerhaft entwicklungsfaehig und erweiterbar erwiesen. Das wird auch kuenftig den Charakter des Electronic Journal Literatur Primaer ausmachen.

Grosses Interesse an der Arbeit des Electronic Journal hat sich bislang im Bibliothekswesen ergeben. Die Stiftsbibliothek Admont, Oesterreichische Nationalbibliothek, Wienbibliothek, Deutsches Literaturarchiv Marbach und die Deutsche Nationalbibliothek zeigen grosses Interesse. Sowohl Admont wie auch die Wienbiblothek haben nachweislich von den Leistungen des Electronic Journal Literatur Primaer profitiert. Auf Dauer wird der Inhalt des Electronic Journals Literatur Primaer im Deutschen Literatur Archiv Marbach bewahrt. Die haben den modellhaften wie auch nachhaltig bewaehrten Charakter des Electronic Journal Literatur Priamer erkannt und wissen das zu schaetzen. Es schmeichelt, sich an einem Ort gemeinsam mit Kafka, Schiller und vielen bedeutenden deutsch schreibenden Autoren und Autorinnen zu wissen.

Ich moechte im weiteren wiederum vermehrt an heimische Autoren und Autorinnen herantreten, moechte sie aber in Verhaeltnismaessigkeit zu dem Neuen Medium und den damit verbundenen Inhalten ansprechen. Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, schlichte Print Literatur zu reproduzieren.

Der Literaturbegriff wird sich zweifellos mit der Zeit wandeln. Mich interessiert, wie die elektronische globale Kultur, die neuen Beziehungsvernetzungen, die die alten Verflechtungen abloest in der Gegenwartsliteratur wahrgenommen wird. Ich werden in diesem Zusammenhang einen erneuten Versuch mit juengeren Autoren und Autorinnen wagen. Ich werde jedoch darauf achten muessen, dass in diesen Texten der Neue Kontext kreativ behandelt und nicht voellig abgelehnt wird. Den Rueckfall in sogenannt sortenreine Literatur kann ich mir in diesem Medium nicht leisten.

Das Electronic Journal Literatur Primaer nutzt digitale Pressedienste wie golem.de, den globalen Ankuendigungsdienst e-artnow, kultur-online.net, Ankuendigungen diverser Galerien, Veranstaltungen und einiges mehr.

Abgerundet wird das Angebot mit Besprechungen von Publikationen von Hatje Cantz, Studienverlag Innsbruck, Bibliothek der Provinz, Praesens Verlag, Facultas, Publikationen der Wien Bibliothek, Holzhausen Verlag, Hanser Verlag, Czernin Verlag etc., die Publikationen, die zu den Themenkreisen des Electronic Journal Literatur Primaer passen, gerne zur Besprechung zur Verfuegung stellen.

2009 wurde das 90 jaehrige Bestehen des Bauhauses in Ausstellungen in Berlin im Gropius Bau, in Dessau und in Weimar, in Frankfurt in der Schirnhalle und im Linzer Lentos mit einer grossen Herbert Bayer Retrospektive gewuerdigt. Das Bauhaus ist der entscheidende Impulsgeber der Moderne, in Architektur, im experimentellen Umgang mit Neuen Medien, in (typo)grafischer Gestaltung, im Lifestyle, Impulse, die ueber das Chicago Institut of Design, ueber die Hochschule fuer Gestaltung in Ulm bis in die Gegenwart wirken. Die Bauhauskuenstler zaehlten zu den ersten, die erkannt haben, dass Industrie, Wirtschaft und Alltagskultur eigene Modelle und Verhaltensweisen entwickeln, die das Leben aktiv bestimmen und so den traditionellen Kunst- und Kulturbegriff staendig hinter sich lassen.

Diese Einsicht ist mir seit langem gelaeufig und ich habe dem im Electronic Journal Literatur Primaer mit meinen Messebilderboegen, die einerseits die Gestaltungsformen und andererseits die Alltagskultur von Wirtschaft und Produktion in vielfaeltiger Weise zeigen, entsprochen. ITnT, Buchmesse, Artfair und anderes eroeffnen interessante Ein- und Ausblicke.

Der aktuelle Artikel ueber 40 Jahre Internet, ueber das in die Jahre gekommene Kind des kalten Krieges, dessen Entwicklung vom bip bip bip ersten sowjetischen Sputniks ausgeloest worden ist, zeigt, wie sehr das WorldWideWeb Teil dieser gesamten Entwicklung und wie lange die grundlegende Vision bereits in ihrer vollen Reichweite entworfen worden ist.

Interessante Ergebnisse zeigen die Stadtquerschnitte Donaufluten/Donauwellen, Simmeringer Hauptstrasse und Baden Querschnitt, die derzeit noch weitgehend visuelle Fotoberichte sind, bis ich eine mich zufrieden stellende Form der Verbindung von Bild und Text gefunden habe. Lesbar sind sie bereits jetzt in jeder Hinsicht, so man die Ikonik und die mitfotografierten Slogans und Bezeichnungen nicht uebersieht. Durchaus vergleichbar mit der Leiste No-Comment auf EuroNews.

Im News Flush werden in gewohnter Frische tagespolitische, wirtschaftliche, kulturelle medien- und kommunikationspolitische Ereignisse dokumentiert, kommentiert und bewertet. Unabhaengige Meinungsbildung, bemueht um gute Form und die noetige Distanz.

Es hat sich gezeigt, dass es keinen Sinn mehr macht, ueber Kulturpolitik nachzudenken. Ich kenne seit Jahren keine Politikerin, keinen Politiker der noch von Kulturpolitik spricht. Das Thema und die Diskussion blieb in jedem Wahlkampf der juengeren Vergangenheit aussen vor und wurde bewusst nicht angesprochen. In Mode ist derzeit der Begriff der strategischen Medienpolitik. Da geht's um Zielgruppen, Reichweiten, schlicht und einfach um politischen Einfluss, um Verteilungskaempfe in der Aufteilung der Medientorte.

Moeglich, dass es gelingt, mit dem von Peter Glotz in den 90ern gepraegten Begriff der Kommunikationspolitik, den Diskurs auf dem ausgeduennten Dorfplatz im Global Village zurueck zu erobern, in dem es um den kulturellen und oeffentlich rechtlichen Bildungsauftrag geht.

Damals wurden all diese Konzepte vom aufbrandenden Neoliberalismus in Verruf gebracht. Es waehrte allerdings nicht lang, bis der Neoliberalismus im Zuge der Krise der New Economy ins Wanken geriet und final mit dem Weltwirtschafts Crash vorigen Jahres in ein tiefes Argumentationsloch verfallen ist, aus dem er nicht mehr herauskommen wird.

Abgesehen von der Tagesarbeit, von weiterer Ausarbeitung von bestehenden Projekten und Sondierung von Projekten, die in die Zukunft fuehren, verbleibt aktuell die Urheberrechtsauseinandersetzung mit Google. Ich bin erst im Herbst 2009 per Zufall drauf gekommen, dass Google mit Randomhouse Bertelsmann unter einer Decke steckt. Dieser Sachverhalt ist bislang nicht bekannt worden, hat aber wesentliche Bedeutung fuer die Entwicklung sowohl des On-Line wie auch des traditonellen Medien-und Printmarktes. Das groesste Verlagshaus der Welt und die groesste Suchmaschine der Welt, ohne deren Hilfe derzeit im Netz nichts laeuft, schmieden an einem unfassbaren Medienmonopol, dass totaliltaere Zuege anzunehmen droht. Hier muss sich die Zivilgesellschaft massiv zu Wort melden, um das demokratischen Grundgefuege und die verbrieften Menschenrechte zu bewahren. Darum geht es, und nicht um die pekuinaere Gier einer Verlagsbranche, die laengst Over Loaded ist. Die Ursache dieser aufgeblasenen Print Medien Landschaft: Heutzutage wird jeder Schrott gedruckt, weil die Druckkosten stetig sinken. Bereits Lessing hat seinen maurischen Freunden nachgesagt, dass die Reden und Lieder der Freymaurer meistentheils schoener gedruckt, als gedacht und gesagt seyen. . Jetzt geht's noch schneller in die Masse, weil der Druck kaum noch etwas kostet.

Unuebersehbar ist das Internet ein Ort der Neuen Medien Kunst, die, einmal abgesehen von komplizierten programmgenerierten interaktiven handhabbaren Strukturen vor allem auf eine unendliche Kombinatorik setzt, die den Kontext Ansatz von Peter Weibel bei weitem ueberholt. Die unendliche Kombinatorik wird nicht allein in der global vernetzten Kommunikation mit ihrem Metabegriff des Hypertextes sichtbar, sie ist generelles Gestaltungsmittel der Internetkommunikation und der Netzkunst, die ein eher stiefmuetterlich dominiertes Leben zu fuehren hat, da sie von vielen Usern zwar beachtet und wahrgenommen, doch von den Usern nicht honoriert wird. Sie ist auf subsitiaere Nischen Oekonomie angewiesen. So kommt es leider es leider, dass sie von den marktgaengigen Webmodellen des kommerziellen Marketings und vom Mainstream des Webs 2.0, das ein eitle Massenquatschbude ohne inhaltlicher Tiefe ist, abgedraengt worden ist. Viele exzellente Websites aus den Pionierzeiten des WorldWideWeb, die wesentliche Impulsgeber dieser medialen Innovation im globalen Masstab gewesen waren, sind aus dem Netz verschwunden, nicht mehr erreichbar, weil sich ihre Kreatoren schlicht und einfach die Serverkosten nicht mehr leisten koennen, weil sie von niemanden archiviert worden sind und weil ihnen die inhaltliche Wueste des konformistischen Mainstream Webs auf die Nerven geht. So bleiben aus der wirklich kreativen Phase des Internets die im letzten Dezenium vorigen Jahrhunderts geschehen ist, oft nicht einmal traurige virtuelle Ruinen uebrig.

Diesem Schicksal ist das Electronic Journal Literatur Primaer mit seiner vielfaeltigen Produktpalette und seiner vorhaltenden Produktion entgangen, weil ich von vornherein ein gesichtertes Backup im institutionellen Webspace erzielen wollte. Zu allererst am Speicher der Oesterreichischen Nationalbibliothek und nun im Deutschen Literaturarchiv in Marbach, dass das Electronic Journal Literatur Primaer auf Dauer sichert und sammelt. Dem Vergessen im Cyberspace entgeht nur der, der von Anbeginn darauf geachtet hat, mit serioesen und dauerhaften Sammlern zusammen zu arbeiten.
Selbst die zustaendigen Spezialisten der Deutschen National Bibliothek mussten sich vor zwei Jahren eingestehen, dass sie ihr Sammelprojekt zu spaet begonnen haben, und die wirklich kreative Phase im Netz laengst vorausgeeilt ist.

Wer in Web 2.0 den Fortschritt zu erkennen glaubt, hat von den Impulsgebern wie Vannevar Bushs As We May Think, von Joseph Carl Robnett, dem Kreator des Timesharing, von Ted Nelson, Literary Machines, ein Kanon des Hypertextes und dessen Dreaming Machines, von der grossartigen Leistung von Tim Berners Lee wenig Ahnung und noch weniger praktische Kenntnis.

Josef Weizenbaum hat das multimediale Potential des Hyper Nets nicht erkennen wollen, er hielt wie Heinz Zemanek am traditionellen Kultur- und Kunstbegriff fest. Der Kunsthistoriker Juergen Claus, in den 90 er Jahren Professor an der Medienhochschule Koeln, Verfasser des Buches Das elektronische Bauhauses hingegen wusste davon, dass sich im Netz die aesthetische und formale Revolution der Moderne fortsetzte, dass Konstruktivisten, Surrealisten und Dadaisten hier in der ubernaechsten Generation, das weite Feld der Abstrakten; Konkreten, der Combinierer ihre Fortsetzung und eine weiteres Expanding erfahren haben.

Die Postmoderne war bloss ein dummer revanchistischer Trick von Kuenstlern, die der Vergangenheit verhaftet geblieben sind. Sie haben dabei aber uebersehen, dass ihnen dazu voellig die gesellschaftliche Grundlage abhanden gekommen ist.
Sie haben zwar kurzatmig die Maerkte beeinflussen koennen, bleiben aber ein Hintertreppenwitz der Kunst- und der Kulturgeschichte wie der sich unbeirrt weiter entwickelnden Gesellschaft. An diesem kurzzeitigen Wiederaufflammen des klassischen Manierismus, der auch in seiner Neuauflage um keinen Deut besser geworden ist, waren allerdings die Theoretiker selbst schuld. Den meisten mangelte es am visionaeren Blick fuer das Ganze. Bevor sich der Cyberspace und die globale Weltkultur voll entfalten konnte, gaben sie den Neuen Raum auf und fielen zurueck.

Warum sollte die Moderne weniger lang vorhalten als die Neuzeit. Die Moderne verfuegt ueber genuegend Entfaltungs- und Durchdringungspotential auch in weiterer Zukunft. Sie zu kappen hiesse bloss, uns unserer eigenen Quellen zu berauben. Sollte die Moderne trotzdem scheitern, scheitert sie nicht an ihrem geistigen Potential.

Die Wiederkehr des ewig Gleichen gibt es nicht. Bereits Athanasius Kircher sprach von der Offenbarung als einer neu und evolutionaer sich definerenden und nicht von einer Wiederholung des Alten, ueberkommen. Visionaere wie etwa Jacques Monod wurde zu Beginn der 70 er Jahre vergangenen Jahrhunderts ebenso wenig begriffen.

Bei erneuter Durchsicht der Geschichte der Collage, der Montage und des Assemblings der Kubisten, der Futuristen, der Konstruktivisten, der Konkreten, der Dadaisten, der Surrealisten und Combinierer laesst sich leicht erkennen, dass hier neue Perspektiven im Blick auf die Welt, formale Modelle, die zu eigener Dynamik fuehrten, ins Spiel gebracht worden waren, die die Deutung bislang uebersehener Zusammenhaenge ermoeglichen. Die Mobilisierung des Blicks war noetig, der wachsenden Fuelle der Information zu begegnen, um sie zu erfahren, und nicht um ihrer Herr zu werden.

Auch formal laesst sich im Neuen Digitalen Medium einiges gewinnen. Man darf sich auf Tradition berufen. Deutliche Beziehungen in der Aktivierung des Lichts wurden gesetzt von Christian Schad, der fuer seine photographischen Kompositionen ohne Kamera und Linse zu nutzen, Gegenstaende auf lichtempfindlichen Papier anordnete und direkter Beleuchtung aussetzte. Tristan Tzara nennt diese Form des Gestaltens Schadographie. Dieses Verfahren werden alsbald Man Ray und Laszlo Moholy Nagy in Folge anwenden. Ab da an werden diese Ab- und Verlichtungen, dramatische Hell Dunkel Kompositionen, Rayogramme heissen. In seiner Berliner Zeit am Bauhaus beginnt Laszo Moholy Nagy mit Photogrammen, die auf der Schadographie beruhen. Mit schraeg einfallendem Licht erzeugt.
Moholy wechselnde Schatten und legt besonderen Wert auf Grauabstufungen. 1930 wird er die Flaeche verlassen und mit dem Licht Raum Modulator den dreidimensionalen Raum erobern. So beschreibt das Herta Wessner in ihrer erstmals 1968 erschienenen Geschichte der Collage. Als einen der Erfinder der Collage macht sie Carl Spitzweg aus, von Beruf Apotheker und erst spaeter Maler. So spannt sich ein weiter Weg vom Buecherwurm, der zeitvergessen auf einer Leiter in einem Bibliotheksraum steht, in ein Buch vertieft, bis hin zum Monitor, der uns Information aus dem Netz liefert. Ich nenne die ich unter Nutzung des digitalen Instrumentariums gewonnen habe, Scanoage. Es ist mir sogar gelungen, die Begriff erstmals ins Spiel zu bringen, wie sich leicht durch eine Anfrage bei Google On-Line bestaetigen laesst.

Das elektronische Multimedium inklusive des vernetzenden Hypertextes, ist sowohl integrierend wie auch von einer unendlichen kombinatorischen Faehigkeit , die auch den Widerspruch und das Paradoxon nicht auslassen muss. Wer zu dieser Flexibiliatet nicht befaehigt ist, moege weiterhin an Ritualen festhalten, moege aber soviel Toleranz und Verstand aufbringen, den Fortschreitenden nicht im Wege zu stehen. Die Ruecksschrittker sind nicht einmal verpflichtet, hinterher zu hinken, doch muessen sie wissen, dass sie ihren Anspruch auf den Mainstream verloren haben. Die Spitze der Entwicklung haben sie ohnehin nicht mehr erreicht.

Diese neue Kreativitaet und Methode umfassender Erkenntnis und Kombinatorik ist nicht maschinell, sie generiert sich nicht automatisch. Die Maschine ist auf das Wechselspiel mit dem Menschen und auf dessen kreativen Verstand angewiesen.

Photosketch wird nicht das Ende von Photoshop sein. Das duemmste waere die automatisierte Fotomontage. Studenten von der Tsinghua Universität und der National University von Singapur haben eine Software entwickelt, mit der basierend auf Objekterkennung und einer Internet-Bilder-Suche Foto-Montagen erstellt werden können. Mit PhotoSketch laesst sich eine einfache Skizze anfertigen, wie die Fotomontage aussehen soll. Hintergrund und verschiedene Objekte im Vordergrund koennen definiert werden, jedes Objekt wird mit einem Keyword (zbsp. der schwanzwendelte Hund) versehen. Die Software sucht daraufhin im Internet nach passenden Fotos, die der Form der skizzierten Objekte entsprechen. Daraufhin werden jene Fotos herausgesucht, die von Aufloesung, Sättigung, Farben etc. am besten zueinander passen. Die Software schneidet die Objekte automatisch aus und fügt sie im Hintergrundbild an der Stelle ein, wo der Nutzer sie in seiner Skizze platziert hat. Die Software wurde auf der Siggraph gezeigt und befindet sich noch in einem experimentellen Stadium. Wann und in welcher Form sie am Markt erscheint, ist noch nicht bekannt.

Leider wird sie erscheinen. Doch die Anwender sollten sich darueber bewusst sein, dass weder Matador, noch Maerklin Metallbaukasten und schon gar nicht lego Bausteinchen Massgabe humaner Kreativitaet sein koennen. Fuer Kinder mag das angehen. Die wahre Kunst wird diesem Fertigteil Bau Angebot immer ueberlegen sein muessen. Ansonsten verflacht die industrielle Kultur zu einer unertraeglichen Monokult Baustelle, die von gewieften Designern mit ihrer Massenware ausgestattet wird. Der wahre Profit liegt in der Einfallslosigkeit des Produktes. Allein der suchende Geist findet neue Zuordnungen, die letztendlich wieder nachvollziehbar sein muessen, ohne dass man dem Betrachter gleich das Kochrezept auf die Nase binden muss.

Wir sollten das Netz als eine unendliches Spiel von Fragen und Anworten begreifen, in deren Permanenz der Sinn des Seins und die Praesenz der Welt sich erhellen laesst. Karl Popper, Theoretiker der offenen Gesellschaft (selbst ein philosophisch notorischer Besserwisser aus Wien Ottakring) hat seine Biografie mit Unended Quest ueberschrieben.

Auch ich erfreue mich vieler Anfragen im global gespannten Feld des Netzes. Ich nehme sie allerdings bloss ueber die Statistik wahr, den bloss ein kleiner Kreis fraegt mich direkt, und der wiederum ist nicht auf das Netz beschraenkt. Damit bin ich sehr zufrieden und kann weitgehend ungestoert arbeiten, ohne in Gefahr zu laufen, zum Antwortautomaten zu verkommen.

Hier eine Reihe von Suchbegriffen, die an das Electronic Journal in einem kurzen Zeitraum gerichtet worden sind, die die Maschine fuer mich in der Statistik aufgezeichnet hat. Diese Aufzaehlung von Begriffen laesst sich durchaus als interaktive Leistungsbilanz bewerten.

Fragen Sie mit, ungewohnlich und aussergewoehnliche Antwort erteilt Ihnen das Electronic Journal Literatur Primaer auf demWeg im Neuen Jahrhundert

interaktives ready made


suchliste von begriffen, die ueber suchmaschinen eingegeben worden sind und in der statistik des electronic journal literatur primaer mit aufgezeichnet worden sind Oktober 2009.

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Autoren & Autorinnen

Evelyn Adunka / Branco Andric / Armin Baumgartner / Tassilo Blittersdorff / Wolfgang Böhm / Marietta Boening / Edyta Brixa / Isabella Bordoni / Jürgen Claus / Nancy Ann Coyne / Franz Josef Czernin / Claudia Degold / Michail Demidov / Roza Domascyna / Helmut Eisendle / Karl Farr / Leopold Federmeir / Janko Ferk / Mariola Frankiewicz / Marianne Gaponenko / María del Carmen Garcés / Matthias Goldmann / Gerhard Habarta / Frank Hartmann / Bodo Hell / Heinrich Heine / Lotte Hassmann Hendrich / Hermann Hendrich / Jasna Herger / Frank Hartmann / Fritz Hermann / Ernesto Hofmann / Annegrete Hohmann-Vogrin / Nina Hautzinger / Ernst Jandl / Gerhard Jaschke / Marie Therese Kerschbaumer / Heinrich von Kleist / Alfred Kolleritsch / Herbert Kuhner / Franz Krahberger / Volker Kaukoreit / Eleonore Lappin / Elisabeth Leinfellner / Werner Leinfellner / Christian Loidl / Peter Matejka / Helmut Machhammer / Maria Mackenroth / Friederike Mayröcker / Carol Miller / Karl Mueller / Franz Nahrada / Thomas Northoff / Goedart Palm / Peter Plener / Malte Olschewski / Berndt Ostendorf / Waltraud Palme / Helmut Peschina / Boris A.Podkosov / Daniel Pop / Manfred Prisching / Gerhard Renner / Anastas Raabe / E.A.Richter / Edelbert Rohner / Ferdinand Schmatz / Alfred Schmidt / Burghart Schmidt / Waltraud Seidlhofer / Roland Steiner / Marlene Streeruwitz / Volker Titel / Johann Tomaschek / Liesl Ujvary / Peter Veit / Christoph Vivenz / Achim Wagenknecht / Reinhold Wagnleitner / Peter Paul Wiplinger / Franz Xaver / Dorothea Zeemann / Marcus Zelezny / Peter Zach / Herwig Zens / Wolfgang Zinggl u.a.

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Das Scanoagen Werk

40 Jahre Internet
Das Netz, ein in die Jahre gekommenes Kind des Kalten Krieges . Die Geschichte des Internets, interpretiert und kommentiert von Franz Krahberger

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