Arbeit >>> Eine globalhistorische Perspektive



Andrea Komlosy legt uns ihre Sicht von Arbeit und Arbeitsverhältnisse über einen sehr großen Zeitraum vor, den sie in sechs Abschnitte aufteilt, beginnend mit dem Mittelalter (1250). Es ist eine schwierige Aufgabe, die Vielfalt der Tätigkeiten - abgesehen von dem Wandel des Begriffes (was verstand der schreibende Mönch im 13. Jhdt unter arebeit) - unter diesen Begriff zu subsumieren.

Globalhistorisch ist wahrscheinlich gut gemeint, aber es fehlen die Entwicklungen in Nord-, Mittel- und Südamerika vor der Eroberung dieser riesigen Gebiete durch die Europäer. Speziell in den sogenannten Hochkulturen gab es die dem europäischen Feudalsystem entsprechenden ähnlichen Entwicklungen.

So ist es Komlosy zu danken, dass sie in ihren Eingangs-Kapiteln sich mit den Themen Begriffe und Konzepte, Arbeitsdiskurse, Sprachfeld Arbeit, Analysekategorien und Formen der Arbeitsteilung... intensiv auseinandersetzt. Dass hier manches nur mehr angestreift werden kann, ist in einem Band von nur 200 Seiten Umfang verständlich. Was z.B. unter griechischer polis steht, liest sich sehr undifferenziert, bzw. trägt alte Vorurteile weiter.

Auf den Seiten Grenzen der eurozentristischen Erzählung sind in einer außerordentlich gedrängten Darstellungsform wesentliche Aspekte dafür notiert, was wir unter Arbeit verstehen. Freilich könnte man das als Frage verstehen, wenn Komlosy schreibt nur jene Tätigkeit ist Wert-schaffende Arbeit, die Produkte herstellt. Da fragt sich auch der Rezensent, was Wert und Produkt eigentlich sind?

Auf den weiteren Seiten dieses Abschnittes Arbeitsdiskurse finden sich viele sehr pointierte Feststellungen und die Änderung im geschichtlichen Gebrauch des Begriffs Arbeit. Verwunderung löst allerdings das Wort Nicht-Arbeit aus, welche Bedeutung könnte ihm denn zugeschrieben werden?

Die durchgehend sorgfältige Untersuchung der Autorin im Abschnitt Sprachfeld Arbeit löste beim Rezensenten schon Hochachtung aus. Nur: ist es nötig sich mit der Definition der Begriffe herumzuschlagen, wenn man im späteren Teil des Buches wieder eher umgangssprachlich geprägte Worte verwenden muss?

In den Analysekategorien finden sich ausführliche Darstellungen, wie der Satz in Absatz 2 auf Seite 62 bezeugt: Diese vordergründige Freiwilligkeit erschwert es auch, die im Lohnverhältnis stattfindende Entäußerung der Arbeitskraft und die Verwandlung und die Aneignung des von ihr geschaffenen Gebrauchswerts in Tauschwert als Verlust begreifen zu können.

Diese Formulierung ist klassisch und modern zu gleich. Das führt jedoch auch zu Gedanken, wie das was gemeinhin unter Kreativität in der Wissenschaft und Kunst, in der Programmierung von algebraischen Folgen etc. genannt wird, als Arbeit zu bezeichnen sei? Da könnte die Informationstheorie helfen.

Der Abschnitt Formen der Arbeitsteilung scheint doch etwas stiefmütterlich behandelt zu sein, insbesondere, was die sogenannten überörtlichen Verbindungen betrifft.

Der Hauptteil des Buches ist den Zeitschnitten gewidmet, die sechs Abschnitte von 1250 bis 2010 umfassen. Wer sich für eine bestimmte Periode informieren will, wird dort eine Fülle von Informationen, Hinweise und Weiterführendes finden. Dem Rezensenten liegt schon auf Grund seines früheren Berufes als Industriekaufmann für Investitionsgüter der Abschnitt 1800 mit der Entwicklung der Industrialisierung nahe. Auch hier muss bedauert werden, dass der Buchumfang weitere Ausführungen sicher behinderte. Es schleichen sich auch Flüchtigkeitsfehler ein, die das sonst ausgezeichnete Lektorat (Hannes Hofbauer) nicht bemerkte, wenn z.B. die Rede von rauchenden Schloten auf der vorhergehenden Bemerkung über die Wasserkraft geschrieben wird.

Es ist wohl klar, dass die frühe Entwicklung um 1800 sich allein auf die Wasserkraft bezog, die in Österreich in großem Ausmaß vorhanden war und entsprechend kultiviert wurde, was alle die Mühlbäche, -kanäle etc. die zum Teil noch heute in den Städten existieren. Im Abschnitt 1900 findet sich auf S. 157 ein wesentlicher Satz: Die Kosten für die Reproduktion der Ware Arbeitskraft stiegen.

Es sei auch noch auf die Kategorisierung von ARBEIT auf den Seiten 159 ff. hingewiesen. Der Ausklang des Buches ist wenig positiv stimmend, wenn man liest dass ..Die Arbeitsgesellschaft hat sich den Erfordernissen der Kapitalakkumulation untergeordnet. Kuenftighin zu analysieren das Verhaeltnis von Industrie 4.O und realer Manpower.


ISBN 978-3-85371-369-3 /204 Seiten € 19,90 7 Promedia

Hermann J. Hendrich 01/16


·^·