Globalhistorisch ist wahrscheinlich gut gemeint, aber es fehlen die
Entwicklungen in Nord-, Mittel- und Südamerika vor der Eroberung
dieser riesigen Gebiete durch die Europäer. Speziell in den sogenannten
Hochkulturen gab es die dem europäischen Feudalsystem
entsprechenden ähnlichen Entwicklungen.
So ist es Komlosy zu danken, dass sie in ihren Eingangs-Kapiteln sich mit den Themen Begriffe und Konzepte, Arbeitsdiskurse, Sprachfeld Arbeit,
Analysekategorien und Formen der Arbeitsteilung... intensiv auseinandersetzt. Dass hier manches nur mehr angestreift werden kann,
ist in einem Band von nur 200 Seiten Umfang verständlich. Was z.B. unter griechischer polis steht, liest sich sehr undifferenziert,
bzw. trägt alte Vorurteile weiter.
Auf den Seiten Grenzen der eurozentristischen Erzählung sind in einer außerordentlich gedrängten Darstellungsform wesentliche
Aspekte dafür notiert, was wir unter Arbeit verstehen. Freilich könnte man das als Frage verstehen, wenn Komlosy schreibt nur jene Tätigkeit
ist Wert-schaffende Arbeit, die Produkte herstellt. Da fragt sich auch der Rezensent, was Wert und Produkt eigentlich sind?
Auf den weiteren Seiten dieses Abschnittes Arbeitsdiskurse finden sich viele sehr pointierte Feststellungen und die Änderung
im geschichtlichen Gebrauch des Begriffs Arbeit. Verwunderung löst allerdings das Wort Nicht-Arbeit aus, welche Bedeutung
könnte ihm denn zugeschrieben werden?
Die durchgehend sorgfältige Untersuchung der Autorin im Abschnitt
Sprachfeld Arbeit löste beim Rezensenten schon Hochachtung aus.
Nur: ist es nötig sich mit der Definition der Begriffe herumzuschlagen,
wenn man im späteren Teil des Buches wieder eher
umgangssprachlich geprägte Worte verwenden muss?
In den Analysekategorien finden sich ausführliche Darstellungen, wie der Satz in Absatz 2 auf Seite 62 bezeugt: Diese vordergründige Freiwilligkeit erschwert es auch, die im Lohnverhältnis stattfindende Entäußerung der Arbeitskraft und die Verwandlung und die Aneignung des von ihr geschaffenen Gebrauchswerts in Tauschwert als Verlust begreifen zu können.
Diese Formulierung ist klassisch und modern zu gleich. Das führt jedoch
auch zu Gedanken, wie das was gemeinhin unter Kreativität
in der Wissenschaft und Kunst, in der Programmierung von algebraischen
Folgen etc. genannt wird, als Arbeit zu bezeichnen sei?
Da könnte die Informationstheorie helfen.
Der Abschnitt Formen der Arbeitsteilung scheint doch etwas stiefmütterlich behandelt zu sein, insbesondere, was die
sogenannten überörtlichen Verbindungen betrifft.
Der Hauptteil des Buches ist den Zeitschnitten gewidmet, die sechs Abschnitte von 1250 bis 2010 umfassen. Wer sich für
eine bestimmte Periode informieren will, wird dort eine Fülle von Informationen, Hinweise und Weiterführendes finden.
Dem Rezensenten liegt schon auf Grund seines früheren Berufes als Industriekaufmann für Investitionsgüter der Abschnitt 1800
mit der Entwicklung der Industrialisierung nahe. Auch hier muss bedauert werden, dass der Buchumfang weitere Ausführungen
sicher behinderte. Es schleichen sich auch Flüchtigkeitsfehler ein, die das sonst ausgezeichnete Lektorat (Hannes Hofbauer)
nicht bemerkte, wenn z.B. die Rede von rauchenden Schloten auf der vorhergehenden Bemerkung über die Wasserkraft geschrieben
wird.
Es ist wohl klar, dass die frühe Entwicklung um 1800 sich allein auf
die Wasserkraft bezog, die in Österreich in großem Ausmaß
vorhanden war und entsprechend kultiviert wurde, was alle die
Mühlbäche, -kanäle etc. die zum Teil noch heute in den Städten
existieren.
Im Abschnitt 1900 findet sich auf S. 157 ein wesentlicher Satz: Die Kosten für die Reproduktion der Ware Arbeitskraft stiegen.
Es sei auch noch auf die Kategorisierung von ARBEIT auf den Seiten 159
ff. hingewiesen. Der Ausklang des Buches ist wenig positiv stimmend,
wenn man liest dass ..Die Arbeitsgesellschaft hat sich den Erfordernissen der Kapitalakkumulation untergeordnet. Kuenftighin
zu analysieren das Verhaeltnis von Industrie 4.O und realer Manpower.
Hermann J. Hendrich 01/16