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William Shakespeares Sonette
in der Übertragung von Franz Josef Czernin


1

was wird und wächst, glanzvoll erblüht, soll sich vermehren,
dass nie die blume aller blüten selbst zerfällt;
da sonst, was reif wird, nach und nach muss sich zerstören,
zart ein sich´s pflanze, fort-, dass schönes sich erhält.

doch du, ins eigne heisse aug geballt, geschlossen,
nährst, flamme!, dich an dir, nur eignen stoff entzündest,
hungernd du züngelst, durstig an dir leckst, verschossen
in dich schlägst aus, versackst in aschen grau, erblindest!

noch treibst es bunt, so schön gefärbt, nimmst voll den mund,
und alles brennt auf dich, da blendest frisch geschmückt;
doch neigst dich nur in deinen kelch, leerst dich zu grund,
wie blume!, flamme!, blüte! geizst, ach, wirst erstickt

im eignen überfluss. sei uns gefäss, das übergeht,
friss nicht dich selbst nur, staub, sei, schönheit!, ausgesät!

14

wenn etwas, ob nun schlecht, ob gut, in sternen steht,
ich wills vom himmel holen nicht, wenn ich auch zeichen
hell seh und klar; so nenn ich nicht, was bald schon geht
in brüche oder auf, greif keinem rad in speichen.

ich deut nicht all das zeug, das winkt, herein hier schneit,
uns schon verdonnert, sturm uns läuten hören lässt;
auch was unter der hand zu lesen, ausgestreut
hier nicht wird, nichts geheimes, hohes mach ich fest.

nur was geschrieben dir ins eigene gesicht,
in deinem aug, ja sinn liegt selbst, rein in der luft,
lass ich mir stets einleuchten schön und dicht,
sprech wahr, dass, du, um dich zu schauen, schliesst die kluft,

bringst selbst ans licht: nur dann bleibst leibhaft, schön,
wenn hier wir paaren uns, neu durch uns selbst entstehn.

4

so reich die schönen augen, die man dir stets macht;
wie kannst nur dir da all das süsse wasser reichen
als deinen überfluss? die quelle hat gebracht
nicht dich zur sprache nur, nein, hat auch uns erweichen

für dich so herzlich lassen; warum also fasst
nur selbst, was überschiesst, allein dir selbst gefäss?
was säufst dich, saugst dich aus, nur bei dir selbst zu gast,
was schenkst nicht ein dich uns rein, lallst nur dir gemäß?

da dich nur selbst willst fischen, trüb im eignen saft,
schlägt´s fass dich samt dem boden doppelt aus, im schwall
aus worten hohl; und wenn der letzte zug dich schafft,
du selbst zur neige gehst, bleibt nichts, nur leere, schall:

nur wenn du aus dich gibst, dem hin, was durch uns spricht,
nicht all das schöne selbst mit deinen augen bricht.

3

ins wasser schau und zeig den augen, die du siehst,
wie frisch sie dich in neuen augen schauten,
denn wenn sie nicht in anderen sich aufs neue blauten,
fremd gehst dem strom und fruchtest nichts, da dann nur liest

in eignen teichen: wo ist das gesicht im fluss,
sich sehend süss in dir, das sich nicht gern erfrischte
in deinem überschwang? bleib nicht das unvermischte,
schütt herzlich aus das kind in dir, in einem guss,

lass augen ineinander übergehn! du, aller blicke licht,
wie badest aus, wenn alt, auf trocknem bist, nur schwinden?
wie willst, wenn selbst schon brechend und fast ohne sicht,
dich mit den eignen augen sehn, dich wieder finden?

ach, wenn du nur erstarrst im eigenen gesicht,
nur eignem sinn verzapft, kommst zum punkt tot, bist nicht.

52

reich bin ich - das, was so besitzt, dass schwer erschlossen,
entschlüsselt mein verwahrter glanz, macht nicht gewinn,
nichts bietet feil; denn stumpf wird, was zu leicht genossen,
trübe, was immer fällt ins aug, voll silber, sinn.

drum fallen hohe feste selten, hier gesät
sind dünn, nur als des langen durstes strecke blühn;
vor tausend tauben steinen erst kann sich vollziehn,
was über alle maßen schmückt, glanzvoll gerät.

so hält, was kommt und geht, dies und auch dich im dunkeln
so tief, was geht, was kommt, es ist, was so verhüllt
ach, dich und dies; doch einst ans licht kommt all das funkeln,
wenn das, was stets es birgt, auf einmal zeigt dein bild:

dass du nur fern jetzt finster schwanst, es ist dein glück:
einst feierlich verjubeln uns - und auf den ersten blick!

39

wie kann ich dich, erlesen gold, mit solcher waage
gehörig wiegen auf? hier bist, doch umgemünzt,
ich selbst, mich himmelnd an; was ich auch übertrage
von deinem glanz, ich hab damit nur mich verzinst:

das ist der hohe preis dafür, dass ein wir prägen
leibhaft in einem namen uns; drum lass uns trennen
dies gut, so sehr verschmolzen; was dann ich kann geben,
ach, aus und hin, gebührend, schön wird dich benennen:

mein herz, wie würdest mich mir selbst nur stehlen,
hiess jenes trennen nicht, dass, stern!, mir vorschwebst reich
und reicher; da dies schimmern mich lässt auf dich zählen
so sehr, ich goldne brücken bau, uns beiden gleich,

vertreibend zeit und raum: ob dies vermögen lehrt,
was eins ist, so zu teilen, dass es stets uns währt?

22

das bild, das mich dir wieder gibt, soll mich nicht alt
aussehen lassen, denn dein leib dir blüht, erfährt
sich an dir schön; doch wenn du welkst, wirst ungestalt,
dass es zerreisst die frischen lippen dir, zerstört

sei ich, mein mund; denn, was an dir ist fleisch und blut,
verkörpert leibhaft nur, was uns ich herzlich bin;
aus deinem aug schau ich, aus meinem du, uns gut,
wir beide machen´s fruchtbar aus, in einem sinn

einander haben wir: wie wir die blüte treiben
auf eine spitze, auf der zunge süss zergehend,
sie damit hütend, wir einander wahren, schreiben
mit einem zug uns, namen, so zart hier drehend

zu der gestalt: wenn unser wort in stücke bricht,
dann bin ich du, oder wir sind uns beide nicht.

18

mit dem, was blüht und reift, soll ich dich selbst vergleichen?
du erst machst blumen schön, bringst maßvoll sie zum sprechen:
was treibt, das wird vertrieben, stürmisch muss verstreichen,
was drängt; bald platzt, was ins kraut schiesst so wild, muss brechen,

doch dein aug nicht. - die sonne? ist nicht stets besonnen,
sie brennt auf sich zu sehr; was färbt, oft färbt zu schön,
was schön tut, wendet blatt zu schnell; und kaum begonnen,
zerronnen bild ist schon, sich jedes ding muss drehn

und drehn und pflanzen, ach, auch fort; doch du, hier blauend,
sollst nicht verbleichen, was anhimmelt jetzt, bewahre
mit haut dich, haar; nie hier dein herz zerreisse, schauend
durchdringe stets sich selbst, ja überall dich offenbare

voll sinn: solang wir sind uns so im hauch, im wort,
lebendig und geflügelt stehst an diesem ort.

8>

von dir war fern, als knospen (ja, wie knöpfe) sprangen,
da alles scheckig, bunt herausgeputzt, sich brüstend
anschwoll, heraus wild platzte, dinge überschwangen,
dass selbst schwerblütig-bleiernes danach gelüstend

verging, ja, wie im flug. doch laut von vögeln nicht,
liess liederlich mich lippen öffnen, selbst frohlocken,
von blüten angehaucht war kaum, nein, nicht erpicht,
mich zu verblümen, nichts ich pflückte, musst verstocken.

was schimmernd sich entblättert, rein, nein, doch nur weiss,
nicht es bewundre´, dorn ist mir, was rosig, wund
aussieht, schönfärbend honig träuft: ich muss aufs eis
dies alles legen: kaum dein abglanz tut dich kund.

wie ist mir schneidend kalt, da, schönheit!, du bleibst fort;
nur deine schatten spielen, blühn mir an dem ort.

54

wie wohl gestaltet schönes sich zur zierde zeigt,
wenn das, was wahrzunehmen, sich mit dem ausschmückt,
was wahr; die blume sich nur süsser selbst bezeugt,
wenn ihr die blüte blüht, die süss den kern ausdrückt.

was wild ins kraut schiesst, mag in farben spielen, färben
wie jene blume schön, die rein den honig zieht
aus duft und glanz; bunt mag´s, ja grell selbst um sich werben,
in blättern, schalen ganz aufgehend, dass es glüht:

doch weil es nur ins auge sticht und nur für wahr
genommen wird, ist, was die pflanze treibt, ihr blüht,
nur welken: doch die andere blume, wunderbar,
ist sie aus augen auch, nichts von dem seim sie schied,

von ihrem sinn: so soll, bist einst verduftet, halten
dies wort dich fest, in reinstem stoff, glanzvoll gestalten.

46

mein aug sticht mir ins herz, mein blutend herz, es reisst
mein auge aus; sich beide wild verzehrend streiten,
wer dich besitzt; mein aug, verblendet, blind nur heisst
mein herz (denn augen sehn), mein herz, dich zu erbeuten,

es schlägt - dem aug dich ab; und wie es pocht drauf laut,
dass du in ihm nur lebst (nie wärst erhellt, durchdrungen
vom schärfsten blick). doch, aug um aug, das aug nur schaut,
da ihm aufblitzt: dein schönes bild sei ihm gelungen.

so herz und aug wie aug und herz in deinem namen
hier eins wägt ab, bedenkt, aus-richtet (doch geknechtet
von dir, mein herz); wahr spricht es, setzt den rahmen
dem klaren aug, dem heissen herz, was seins, errechtet:

dass meinen augen leuchtet ein dein äussres bild,
mein herz in deinem herzen sein gesetz erfüllt.

55

sein nicht wird mehr der prunk aus gold, aus stein gehauen,
wenn, mächtig sprechend, dies auf dich sich reime macht:
was nicht aus staub, aus sand, ist hiermit fest zu bauen,
bildend aus feinstem stoff in deinem sinn gebracht.

selbst züge, steinern und gemeisselt, werden berannt,
ja, über haufen gehn, in trümmer; jeder streit
selbst festungen dem boden gleichmacht, all dem sand;
doch nichts in schutt, in asche legt, was sich hier reiht

zu deinem bild. aus staub gemacht, auf sand gebaut
ist alles, bist auch du; doch du bleibst, rein errichtet,
ja auch enthüllt, da dein sinn dauert, klar wird, laut
dem letzten aug noch, ohr - ihm sei dies mal erdichtet:

bis du, im eignen namen!, trittst neu selbst zu tage,
wohnst du in dem, was ich so schön von dir uns sage?

60

wie welle bricht auf welle hart an steinen, küsten,
verhallt ist rasch, was schlag um schlag wir messen hören,
ach, läuten; - jeder ton muss jeden ton befristen,
und alles dröhnt, still nur zu sein einst in dem leeren.

was neu entstanden, frisch das licht, die welt erblickt,
wächst hoch, doch kaum ist reif, der baum gekrönt (der schaum!),
die frucht sind schiefe, finstre bilder, wüst gepflückt
nur durch ihn selbst: tot schlagen ihn die zeit, der raum,

die ihn gepflanzt; schon rissig wird die glatte haut,
bald stamm - ein halm! - geknickt, wie fiel das blatt!
was raum, was zeit, sich selbst zur blüte, angebaut,
schlagen sie tot, den bauch sich voll, nein, nimmer satt:

ach, ob die axt, die sense werden auch geschwungen,
was auch geschieht, durch mich bleibst immer hier besungen?

19

zahn geh um zahn, mit hängen, würgen mach nur stumpf
mir klauen, lass dreck fressen deinen dreck, die brut;
ach, aug um aug, in stücke reissen sei dein trumpf,
und was aus schutt und asche steigt, mit seinem blut

lösch aus es; bittre träne, süssen laut aufstossen
lass dir, zu tigern uns, zu teufeln mit trompeten,
mit pauken durch den schlund; im maul, das klafft, im grossen,
sei ich zerissen, all die dinge, die sich blähten.

auf einer stirn jedoch soll stehen nichts geschrieben,
die haut lass heil, ein weisses blatt, so zart besaitet,
dass keine linie ziehst; im sinn sei´s, nach belieben,
vorbildlich schön und niemals leibhaft ausgebeutet.

und setzst in tinten schwarz auch mich, so bald umnachtet:
eins bleibe zwischen zeilen jung, ja rein, betrachtet.

123 (Für Hans-Jost Frey)

was du aufpflanzst, ja türmst, ich bleib mir gleich,
du flüchtig schwindelndes; magst neu, machtvoll bewerben,
was du errichtest, mich lässt´s kalt; dein jüngster streich,
schmückt aus die alten stücke nur, ziert sich mit scherben.

wie kurz ist unser atem, sinn! - deshalb der tanz
ums alte zeug, den kram, den du lässt teurer scheinen
als gold. als wär´s für uns, sonnen im falschem glanz
uns wir, als wär´s nicht nur ein bild von alten steinen.

was du hoch stapelst mir, kann mir gestohlen bleiben,
was jetzt prangt und was prunkte, sind mir einerlei:
denn was uns spiegelst vor, ist nur in staub zu schreiben,
es zahlt in falscher münze, schlägt sich selbst entzwei.

was du auch baust, ach, brichst, mein wort wird stets gehalten,
steh ich auf messers schneide auch, gleich selbst gespalten.

64

sah ich dran legen letzte, harte hand, entstellend
den prunk, ihn zeitigend, dass er versinkt, zerschlissen;
sah ich, was anzuhimmeln aufgetürmt, im sturz zerschellend,
und selbst, was eisern, fest ist, so wie nichts zerrissen:

sah ich, was unter-, überströmt, dies land gewinnen,
verschlingend es, dass schaum es schlägt, sich mit ihm krönt,
sah erd ersaufen, doch, was fliesst, auch selbst verrinnen,
wie schwinden wächst und wachsen schwinden heisst und tönt:

sah ich die dinge wechselnd - kommen, gehn, sich drehen,
was ist, in das, was war, verrauchen wie verschallen,
nicht auf gedeih ich, auf verderben muss einsehen,
dass frist um frist läuft ab, selbst du, ach, wirst zerfallen

zu staub: selbst sterblich, dies zu denken tödlich schmerzt,
dies heulen, zittern um, was längst wird ausgemerzt.

65

da länder, felsen, bauend fest auf sich, zerfallen,
da selbst, was uferlos, das meer, einst sich verschlingt:
wie soll die schöne blüte dann, besaitet zart, verschallen,
verduften nicht, da sanft sie hier, so schwach nur dringt

durch diese fläche: wie soll milch da fliessen dauernd,
sich schöpfen honig, süss stets atem, da, was ruhig da steht
steht vor dem sturm? selbst das, was eisern, sich einmauernd
nur rüstet, geht in trümmer und versandet, bald verweht.

wie wüst, wie leer mein sinn! wann kannst du, schönste frucht
all des vergehns, die eigne frist, dich selbst verzehren?
ach, wann bereitet sich das fleisch selbst ganz, dass flucht
sich selber flieht, dass nichts dies schöne kann zerstören?

nein nie! wenn nicht (ob auch in tinten, schwarz) hält ort
so dicht, dass hell aufgehn einander flamme, wort.

23

hinkend ich trete auf, zu voll von zeug, vergleichen,
- von herz und maul, die schief einander, wild zerreissen;
wie stammle ich, muss, stück für stück, vom sinn mir streichen,
aus all den rollen falle, nur um dies zu schmeissen,

und mich an deinen hals; das wort in meinem mund,
es dreht sich um und um zu rasch, zu bunt, verschlagen,
verschlungen hat´s die süsse rede mir: nein, kund
ich tue nichts, spuck ich auch töne gross, zu sagen

dich auf, schön aus: so schlag du auf die neue seite
(ein blatt sei sie vor meinem mund), die ich geschrieben
dir auf den leib und mir ins reine: es bedeute,
was mir zu herzlich auf der zunge war geblieben,

zu schwer: was da rein steht, bin ich, der dir gehöre,
dass still erliest, wie laut die liebe dir erkläre.

50

wie schwer werd ich geritten selbst von meinem gang,
wenn ich, wohin ich hart mich treibe, doch nur scheue,
da platz um platz, den ich abgrase, mit dem drang
nach dir herausplatzt, zeigt, dass dich nur widerkäue,

blume, wie weit von dir! so fall in meinen schritt
ich selbst mir, auf schon längst vom schwanz gezäumt,
halt straff die zügel, und geb doch mir tritt um tritt,
so angespornt, doch auf der stelle, hoch gebäumt.

wie ich mich zwischen maul und schweif da selbst zerreisse,
schäumt zwischen zähnen herz, durch mark und bein ich bocke,
gepeitscht, gestachelt auf; was ich mir so verbeisse,
das knirsch ich, heule, schmerzlich auf mir selbst nur hocke:

denn mit dem ächzen, stöhnen, auf mir stösst, ach zieht:
wo du, mein schönes tier, nicht bist, ist, was mir blüht.

44

wär dieser eingefleischte leib auch das, was denkt:
nichts hielt mich auf, gedacht, wär auch gesagt, getan;
die brücke wär im nu geschlagen, ja, versenkt
hätt ich mich längst in dich, in deinem sinn die bahn

gebrochen ganz; dann wär, in unsrem namen, gleich,
dass meine füsse, bleiern, treten auf der stelle,
ob länder, meere trennen uns; mit einem streich
was weiss, auf dich sich übertrüge, auf der schwelle

wir fänden uns, vor schwebend zwischen räumen, zeilen:
doch mich macht gleich dem grund, dem boden, dass ich blut
und fleisch - so schwer, dass nichts davon mit dir ich teilen
hier kann; ich warte nur, bis uns zusammentut,

was einst von selbst geschieht: jetzt gibt mir, dicht, beleibt,
mein stoff nur tränen; schmerz, der sich bloss selbst beschreibt.

47

mein aug, es ist beherzt, mein herz sieht hell, ach licht,
da jedes sich fürs andre über hat und -trägt:
ob´s auge ausgehungert schaut nach dir, gesicht,
ob seufzend, schwer sich selbst das herz für dich er-schlägt.

an meiner flamme bild mein aug sich nährt so festlich,
auskosten lässt das herz das ausgemalte mahl,
dann wieder lädt mein herz das aug, teilt aus so köstlich,
mit ihm den sinn, gedenkend beider süsse wahl.

ich dich durchs herz des augs, das aug des herzens fasse,
dass mir erscheinst, so fern du bist, jetzt, dergestalt;
dich nicht aus herz und aug, dem sinn, mehr fahren lasse,
da ich in beides übergeh, find in dir halt:

und liegt dann in sich selbst der sinn, da, wie ein stein,
herz schläft wie aug, du selbst sie weckst, dein gast zu sein.

45

der hauch so leicht, die flamme rein, ja, vor sie schweben
dir beide, wo auch immer ich bin, fest gehalten;
die flamme: was auf dich sehr brennt; der hauch: mein leben
in deinen sinn; beide sind da wie dort, gestalten

sich lösend allzu rasch; sind hauch mir, flamme weit,
doch dir so zart erscheinend, flüsternd ein süss zeichen,
zerfliess ich mir, ja, werde auch zu staub zerstreut,
mein leib nur wasser, schleim, am boden ist, zu streichen

mich selbst hier durch; ich komme erst zu atem, licht,
da ich entbrannt und angeweht von dir mich weiss,
den hauch, die flamme wieder fühle, dies gesicht
sich bildet, zeigt, wie schön du bei dir bist, wie heiss:

erleichtert glüh ich auf: doch gleich, nicht mehr beglückt,
schick flamme, hauch zurück; - und bin verlöscht, erstickt.

27

fern dir, doch abgestrampelt, lider schwer, ich geh
in meine falle, fall ins bett, so weh wie wund,
bis glieder strecken, lösen sich; da gehts schon rund,
ja los in anderm sinn, zu bunt, als ich mich dreh,

wende in mich, gleichsam mir lass den stern vorschweben,
fahr nach, fast aus der haut; wie ich nach dir ausschaue,
endlich im finstern gehst mir auf, dass ich erbaue
dich mir daran, mir dich dann blindlings einzugeben.

umnachtet bin, dass selbst dein schatten hell aufblitzt;
wie schmerzt der schimmer von dir, da ich ihn gefasst,
und wie, was schwarz seh´, dass mir graut, doch auch verblasst
vor deinem dunklen bild, das glänzt und mich erhitzt.

wie bin die äussren, ach, die inneren sinne leid,
in keinem licht ist ruh, in keiner dunkelheit!

43

falln mir die augen zu, wie gut, wie hell sie sehn:
der tag, der streut nur sand, ja dornen in die blicke;
doch schwebst du vor: voll glanz mir augen übergehen,
sind dunkle sterne, die ich licht ins schwarze schicke:

wenn, leuchtend auf, dein schatten all die schatten stellt
in schatten, überstrahlt dann nicht dein dunkles bild
den grellen tag, in deinem schatten ihn selbst hält,
da schon dein schatten licht wirft, hell mein aug erfüllt.

wie wär beglückt mein blick, strahlt´ bis zum rand gestillt
mit dir, säh ich erst an die sonne dich gebracht,
da glanzvoll, schimmernd steht schon dein umnachtet bild
bei nacht vor augen mir, so tief im schlaf erdacht.

ach, fehlt dein licht, finster wird tag, zur nacht gemacht;
doch seh ich dein gesicht: wie licht scheint dann die nacht.

132

mir selbst zulieb, zuleid, ich lasse tief mich blicken
in deine schwarzen augen; wie sie sich benetzen
sich selbst vergiessend sich hinein in mich versetzen,
auch wenn dein herz verachtung schlägt, mein´s bricht zu stücken.

nein, keine sonne, die aufgehend je durchdringt
glanzvoller das, was bleich sonst, düster graut; kein stern
einleuchtender erhellt, was sonst ist dunkel, fern,
umnachtet; nichts, das schmückt und prangt, so schön gelingt

wie deinen schwarzen, nassen augen dein gesicht!
so auch dein hartes herz erweiche, blute, träne
für meines, dass sein schmerz um mich es schicht um schicht
verschleiere, bemäntle, schwarz in schwarz sich´s kröne,

und mit ihm dich: schönes muss schwärzer sein als nacht,
das schwöre ich - wie alles licht nur hässlich macht!

57

ich lieg im staub vor dir, was soll mir da vorschweben,
als dem zu folgen, was nach lust mir, laune winkst,
hab zeit nicht zu gewinnen, noch sie zu vergeben,
hab keinen dienst zu tun als den, auf den du dringst.

noch jammern darf, dass alles mir vergeht, doch zeit
nicht mehr, - zeiger mit dir im sinn, am blatt, nur starren;
noch darf vermessen mich, brücken - wie bist du weit! -
zu schlagen, da von dir so fern mich lässt ausharren,

nicht einmal mehr geknechtet! nicht auch darf ich fragen
in meinem namen, wo du weilst, was du wohl treibst,
ob andere so wie ich geächtet; muss mich plagen,
die tränen zählen, darauf, dass du glücklich bleibst,

ach, machst: zu deinem narren lässt sich halten, schlagen
mein schweres herz: was du auch tust, es muss es tragen.

49

gegen was kommt (ach, wär ich dem durch dich enthoben),
wenn du mich übel nimmst, ich, fällig, bin, der fehlt,
(doch nichts, das abgeht!), wenn dein letztes wort geschoben,
geworfen hin mir, rechnend ab (ich war, was zählt):

gegen was kommt, wenn durch mich schaust, du kühler stern,
kaum mich mehr kennst, mein licht, nicht heiss mehr, noch süss quellend,
da längst mich übergehst (nein, in mich nicht mehr!), fern,
ja, abgerückt von mir, mich kalt, dich steinern stellend:

gegen die zeit, ich seh mich vor, mir vor mich halte,
in deinem sinn mich selbst erkennend, mich verlasse,
stechend mir, aug um aug, ins eigne aug; ich spalte,
treu dir, gesetz!, mich selbst, mich wider mich verfasse:

im stich, allein zu lassen mich, wie hätt´st du recht,
den besten grund: wie gut ich bin dir, ach, so schlecht!

75

du meinem sinn bist, was der bissen brot dem leib,
oder das süsse wasser, das zusammenrinnt
im trocknen mund; doch eins mit dir zu teilen, reib´
mich selbst auf, mir enteignend, was mein selbst gewinnt:

kaum brüst ich mich, geniess dein teil, auf einen streich
ich weiss, die zeit mit dir muss ich bezahlen, schatz;
kaum zähl ich drauf, mit dir allein zu sein, mein reich!,
reizt´s mich, uns zwei zu zeigen eins an jedem platz .

kaum ist mit dir, mein fleisch, die tafel reich gedeckt,
bin voll, doch gleich ich hungre, dürst´ nach einem blick
von dir: hab nichts, nichts will, nur was mir abschlägst, schmeckt
oder, mich armen!, zwingst zu nehmen, bestes stück!

nur um´s gleich satt zu sein, schmacht ich nach dir, mein wort!
- alles verschling´, dass ich nichts übrig hab´, selbst fort.

118

wie man, nur um sich heisser, dürstender zu machen,
die suppe selbst versalzt, wild darauf sich den mund
verbrennt; wie man aus angst vor fernen, bösen sachen,
schluckt ätzend zeug, das krank erst macht, ja wund:

ich, voll von dir, doch ungestillt, süsseste speise,
die zunge leimte, lähmte mit den schärfsten brühen;
denn krank von kost so köstlich, sucht ich auf die weise,
dich zu verschmerzen, eh von dir wär ausgespien.

doch schmerz, mich zu betäuben, auf die wunde so gelegt
- in deinen sinn? -, hat schlimmres (du bist fort!) gebracht.
sich´s süsseste vergiften, da mans nicht erträgt,
als wär das üble, was gesund das beste macht!

wie brennt es sich jetzt ein: wenn krank nach dir verzehrt
man sich, wirkt jedes mittel tödlich, ach, zerstört.

34

was hast vom himmel schön versprochen mir das blaue,
dass ich mich nicht bemäntelte, nichts mich verhüllt,
wenn jetzt umwölkst mich, dass sich dies zusammenbraue;
sturm läutend blitze schleuderst, das getöse schwillt,

bis wolken, mäuler sich zerreissen, schäumend brechen
herein; da reicht´s nicht, nachher wieder einzubläuen
den himmel, pegel sinken lassend, klar in bächen
die flut zu teilen, wort um wort mich zu befreien

von all dem schwall; was tuts, dass wilde wolken, haufen
jetzt wurden wieder lämmer, dass ich haare weiss
gezählt, die mir gekrümmt, gerissen aus: ach, taufen
denn ströme, die mich tauchten tief in blut, in schweiss?

ob, wenn du selbst ersäufst in meinen traufen, tränen,
wir aug in aug in jedem sinn uns hier versöhnen?

147

du, flamme!, machst mich fiebern, brennen und versteifen
auf das, was an mir nagt, mich krank macht und verzehrt,
so nähr ich mich, nein, flamme!, dich, durch all das greifen
nach dem, was heiss verschlingt, mir sinn verirrt, zerstört.

was, ach, das fieber senkte und die krankheit nennt -
mein hirn -, verbrannt längst, hat im stich es mich gelassen;
schmerzlich geht auf ein letztes licht mir und erkennt:
nur asche, staub bleibt, lässt die glut sich nicht erfassen.

von allen sinnen bin, heillos, vom feuer selbst gefangen,
in flammen, flamme!, stehend ich aus haut um haut
muss fahren; zungen redend schlagen, ja, verlangen,
zufällig, wirr verbrat ich silben, unwahr paare, laut.

du schienst mir schön, wie hell hast, flamme!, dich verheissen!
jetzt bist die hölle, schwarz: was weiss, muss hier zerreissen!

137

wie blendest, flamme!, dass mir auge ist verdreht,
nur blindlings glüht, und was es schaut, nicht sieht; es weiss,
was wohl gestaltet, ja, worin, was schön, besteht,
doch´s beste schlecht macht und, wie heiss!, das schwarze weiss.

wenn´s aug, verdorben, schwach von heissen, schiefen blicken,
im hafen untergeht, wo all die andern landen,
was angelst, flamme!, noch mein herz, lässt sich´s verstricken
im aug, das trügt, dass alles muss hier kentern, stranden,

was ich gekannt? wie kann mein herz in sich allein
zu schliessen suchen, was es teilt mit aller welt,
oder mein aug sich öffnen nur dem augen-schein,
dass es, was dunkel, schlecht, fürs schöne, helle hält?

mein herz, mein aug sich haben aus sich selbst verloren:
im falschen sinn sie braten jetzt und, ach, dort schmoren.

148

wie machst du augen mir, und über-, untergehen!
sind blind sie nicht durch das, was wäre wahrzunehmen?
und wenn sie sähn? entgeistert machte ich draus schemen,
dass ich verfehlte, fälschte, was sie richtig sehen?

ist schön, was meinen heissen blicken schön erscheint,
was heisst dann: was mir vorschwebt, sind nur blinde flecken?
bist, blüte!, selbst gefälscht, was auf dich brennt, verneint
die klarheit mir; - die glut muss, flamme!, dich verdecken!

wie, schönste!, soll mein blinder sinn dich selbst erfassen,
wenns aug entzündet starrt, in tränen dann erlischt?
kein wunder, dass so wund ich kann mich nicht verlassen
auf meinen blick! blutrot der sonne selbst entwischt

die welt: o flamme!, blüte! mich so zu verblenden,
weil meine sinne dich sonst sähen, nicht erfänden!

30

wenn ich mir in betrachtung wieder still versinke,
das steigen lass, was doch schon längst verflossen:
mit fernem strom verschwimme ich aufs neu, ertrinke
in längst versiegten tränen, sonst verschlossen

meinem sinn; sich drehn die augen, wasser tief jetzt sehe,
und euch so schwarz darin, so kalt darin begraben;
was euch verschlang, mir frisch euch eingibt, schafft die nähe,
die quälend rauscht, dass wir einander nicht mehr haben:

ich muss vertaner lieb zuliebe, mir zu leiden,
angeben quelle, trinkend schmerzlich bis zum grund
den schwall: was badet aus dies traurige vergeuden,
das mir zusammenläuft, bitter und süss, im mund,

dass er mir übergeht? ach, wie schön muss ich jetzt lesen,
wörtlich in deinen augen, mich davon zu lösen!

41

wie zart dein tritt den weg, wie leichten sinns verfehlt,
wenn ich aus ihm und deinen augen, die so schön
sich machen, wie sie jung, gefallen! stets erwählt
man dich, stellt dir nach, dir zu leib, ans herz zu gehn.

belämmernd sanft bist, selbst auch leicht bestrickt, gewonnen;
auch prangst und strahlst: um dich man ringt, sich um dich schlägt;
allem, was dich umschwärmt, dir blüht, bist wohl gesonnen,
da frucht bist, ja selbst kind davon, so süss geprägt.

weh mir! doch wie, wenn dich, verführt, nicht lässt mehr blicken
bei mir, selbst schmähend, strafend dich, da schön musst stechen
in jedes aug, bis sie dich, flatterhafte, pflücken,
sich mit dir schmücken, dass zwei worte du musst brechen?:

ihres, weil sie geblendet nur von deinem glanz,
deins, weil dein glanz verschaukelt mich, falsch wär, nur pflanz.

48

wie war besorgt ich, nichts zu geben aus der hand;
hielt hinter schloss und riegel noch den letzten flitter,
aus angst vor langen fingern; fest ich saß auf tand,
billig vergafft in zeug, gebracht hinter die gitter,

in sicherheit! doch du, mein teurer schatz, der geld
wie gold, ja jeden schein und glanz, die grösste zahl
zu sand mir macht; du einzger wert, der mich erhält,
mein schwerstes herz bist jetzt, da dich, wie nichts, mir stahl,

nein, hat ergaunert, jeder kleine dieb, dem steht
- der sinn nach dir; in keinem raum hab dich gefasst
als meiner brust; doch kommst da, gehst, wie es dir passt,
da du doch selbst der schlüssel bist, der sein ding dreht

um jeden preis: so wird man dich auch hier mir stehlen,
da das, was treu – ich selbst! –, muss sich im dieb verhehlen.

42

nicht nur, dass du sie hast, macht mir so schwer mein herz,
(und doch ist´s wahr: ich war sehr heiss für sie entbrannt);
dass sie hat dich, zum himmel schreit, macht gross den schmerz,
trifft mich ins mark, macht mich zum wachs in eurer hand;

drum will, nein muss ich schmelzend schmerzlich für euch sprechen:
du brennst auf sie, weil dir aufblitzt, dass sie mein licht;
für dich entflammt in meinem namen sie muss brechen
ihr wort, dass mir zu lieb sie dir ins auge sticht.

so wenn ich, flamme!, dich verlier, dann sich vermehrt
mein feuer sehr: verlier ich sie, ist sie entflammt
für dich; seid ihr einander glut, von mir ihr zehrt;
raubt mir euch beide, flammen!, ihr doch beide stammt

aus meinem holz: wie schmeichelhaft, wie süss und schön!
bei dem schein wir einander auf, in flammen gehn!

33

aus blauem sah schon manchen neuen stern aufgehen,
sich heiss auf spitzen treiben; sah ihn auf den thron
gehoben angehimmelt sonnend sich und sehen
herab in niederungen, licht in hohem ton

ausschüttend glanzvoll; doch dann von dunst umkreist,
umwölkt die leuchte sah, nach sich im trüben fischend,
plaudern nur dampf; gesicht verloren ganz, verwaist
ins dunkle, in ungnade fiel, sich selbst verwischend.

auch mein stern war geschrieben mir zu hell und schön
auf meine stirn, da ich verblendet jetzt verblasse,
im sturz noch blindlings gleissend, gleich mich schwarz zu sehn
und schwärzer habe, fast umnachtet mich nicht fasse

in all dem dunkel! was ist´s, was mich doch, tief versunken
in boden, grund, beim namen nennt, beim letzten funken?

68

klar steht dem, und wie rein!, in sein gesicht geschrieben,
wie schönes einst gesät war, blühte, ward gepflückt,
bevor das bild ward schief, verblendend spiel getrieben,
dass glänzend glas als aug, das lebt, selbst scheint, was blickt;

bevor stück war für stück aus totem, fleisch geschnitten
und haar um haar gezählt, beziffert jedes bein,
um puppen aufzublasen, nur aus falschem, titten,
gefärbten strähnen, glitter, blindem wider-schein.

was einst gewachsen war, ach, sterblich schön, besaitet
so zart, ihr fühlt durch ihn: wie ungeziert dies gliedern,
ja einfach, wahr; kein schmuck als prunk ward ausgebeutet,
kein ton geborgt, noch fremde federn, die anwidern.

leibhaft er, lebhaft sei bewahrt hier, dargestellt,
dass wort, das fälscht, erkennt, was schönes war, erhält.

21

ich brenn nicht drauf, was selbst sich ziert hier, dreht und wendet,
noch schön zu färben, werfend schein um solchen preis.
was schmuck ausschmückt, münzt um zu billig, selbst verblendet,
anhimmelt bild in wörtern, zieht in seinen kreis

sonne wie mond; so werden augen sterne, malen
aus blauem sich, silben versilbern, jeder zug
nur schwant und weiss gemacht wird: im über-tragen, -strahlen,
alles, was glänzt, zu gold verklärt wird, hohem flug.

ach, lass mich nur das wahre korn dran machen klar
durch dich, da auf die stirn steht selbst dir hell geschrieben,
was zählt! ans rechte licht dies bringe, dass aufs haar
dir gleicht, was hier einleuchtet, wenn sich aus auch sieben

all die gestirne, nicht in deinem namen prangen!
- nur was dich wieder gibt, ist uns schön aufgegangen
.

53

aus welchem feinen, reinen stoff bist du gemacht,
dass in dies fremde tausend schatten wirfst so spielend,
die dich jetzt äffen nach; gestalt, zu tag gebracht,
sonst einen schatten gibt, doch du, aus höhen zielend,

wie triffst, dass all die schatten spielen deine züge?
mal ich was schönes lebhaft aus, dich zu beleiben,
geb wieder deinen abglanz kaum, dich fast betrüge;
kaum dämmerst mir, wie dunkel meine zeichen treiben!

so zeig ich jetzt hinaus, auf das, was blüht so frisch,
und das, was blüten fruchten: wie gerät die pracht
den schatten, ach, von schatten maßlos malerisch:
mir beten nach sie, leibhaft schön du seist gemacht!

hast du auch teil an all den innren, äussren dingen,
kann nichts sich doch in deinem sinn, ja licht vollbringen?

59

wenn das, was ist, nicht neu ist, alles stets schon war:
was hirn sich, herz zermartern, köpfe sich zerbrechen?
was wir hervor dann bringen, das ist haar für haar
nochmals dasselbe kind, dann zweimal muss aussprechen

derselbe sinn sich; dass zurück ich blätternd leben
um leben, doch dein bild im anfang all der zeichen,
mir fände! - zug um zug sie solln dich wiedergeben;
denn wie du warst, soll dem sich, wie du bist, vergleichen:

dass ich auch schau, wie du warst einst gesehen,
ob deine glieder schön geformt, wie reich die daten,
als sie warn eingetragen; ja, ich will verstehen,
ob das, was ist, ist besser, schlechter mir geraten,

als was gestaltet dich an deinem ersten ort:
oder ists gleich, wer´s erste hat, wer´s letzte wort?

141

wahrlich, mit augen kann ich sehen schön dich nicht,
scharf an ihr licht sie alle deine fehler bringen;
doch pocht mein herz auf das, was ins aug schmerzlich sticht,
von dem, liebste!, was hässlich scheint, muss fast zerspringen.

auch wohlklingt meinen ohren nicht dein zungenschlag,
noch bin drauf aus, nach dir zu greifen, dich zu spüren,
auch mundest, duftest nicht einladend; niemals mir dran lag,
mit dir allein ein fest der sinne aufzuführen.

doch alle meine sinne nicht, noch auch mein sinn,
können mein herz, schlagend verrückt nach dir zum brechen,
entreissen dir: nur schatten meiner selbst noch bin,
ein wicht, haltlos, geknechtet, dir nur zu entsprechen.

was mich mir so verächtlich macht, mich lässt erschliessen
mich selbst? – das hiesse nur den schmerz mit pein versüssen!

übertragung der übersetzung von sonett 141

in meinen augen, wie bist ungeschlacht, bedeckt
von dunklen, wunden punkten, schlecht gegliedert schleim;
doch schlägt mein blutig herz sich fest an dir, hat geleckt
(von dir verarscht) dein blut, ja geht auf deinen leim.

stets platzt dein hässlich wort herein, in meinen ohren,
nicht kleben will an deinen lippen, feucht, mich paaren
ach, dergestalt; wie stinkst, aus maul und haut und poren,
doch muss, von dir beschissen, in die löcher fahren,

dass du mich nicht mehr fahren lässt! nicht kann mein sinn
mein armes herz, zuckend in dir bis zum zerreissen,
in griff bekommen; so kotz ich auf mich selbst, nichts bin,
lass mich verpatzen, -pissen von dir, ganz aufschmeissen.

ob all dies üble übergeben, mich lässt erfassen
mich selbst? dann müsst sich schund durch schmutz begreifen lassen!

128

wie oft, wenn du, süss tönend selbst, holz lässt erklingen,
ja, dich in schall verzupfst, von dem, so zart!, besaitet,
was dich ergreift; wenn leicht mit fingern rührst an dingen,
die mir dann schwirren, schweben vor, dass mir entgleitet

mein sinn: wie gern wär selbst befühlt dann statt der tasten,
die zitternd, bebend dich durchdringen, haut und poren,
da meine lippen, trocken, nach dir dürstend fasten,
und ich vor dem, was süss dir saust und braust, die ohren

verstopfe; um wie du zu sein sehr sanft gedrückt,
mein ganzer leib würd gerne mit dem flügel tauschen,
wo hände federleicht entlaufen, so entrückt,
dass totes zeug sich aufschwingt, lebt, dich zu berauschen.

wenn tasten schon betasten dich mit ihrem kuss,
leih ihnen hand nur, ohr - mir lass dich ganz, zum schluss.

übertragung der übersetzung von sonett 128

wie oft, wenn dir, süss lautend selbst, liegt und zergeht
der sinn reich auf der zunge, da dir rede wendest,
die dich so zart ergreift, wie sie zum ding dich dreht
und dreht, wenn es dir über lippen kommt, du spendest,

was mir sinne verwirrt; wie gern wär selbst zerbissen
von deinen zähnen statt der silben, kitzelnd feucht
dir deinen gaumen; herz mir, mund, so hingerissen,
dürstend nach dir, gern in dem wort, das dich erweicht,

gingen mir auf: zu sein von dir aus wild gelegt
wie du von deinen namen, wie möcht ich doch tauschen
mit dem, was dich, mit jedem laut, selbst überträgt
auf sich, mit haut und haar verzehrt, euch zu berauschen!

wenn worte halten dich, ach, ganz dich einverleiben,
lass mich sie sprechen, ja, auf einen leib uns schreiben!

62

mein blick, so süss wie bös, ist von sich selbst besessen,
fesselt mich ganz, mit haut und haar in eignem sinn;
kein kraut gegen dies giften wächst, wie macht vermessen
mein fleck mich, blind, da ich, was blendet, selber bin.
kein aug ins auge sticht wie meins, nichts sich erbaut
dran schön wie ich, selbst bin mir ich mein höchstes licht,
ein gut, das besser ist als alles, was es schaut.

doch wenn ich mich dann selbst gespiegelt seh, in scherben,
gegerbt, zerhaun, längst angeschwärzt von allen dingen,
dann dreht sich bild um wort mir um, mein werben
um mich: mir graut davor, mich selbst so zu umschlingen:

wär ich, wie ich mich preise selbst, mich selbst verzückend,
was in mir frisch erglänzt, mein selbst!, wärst du, mich schmückend.

to w.s. (übertragung der übersetzung von sonett 62)

mein wort, so mächtig, gross gesetzt, von sich besessen,
umschlingt mich ganz, mit haut und haar, im eignen sinn;
kein kraut gegen die blüte wächst, wie süss vermessen
sich meine zunge spaltet, zwiefach gepflanzt mir bin.

nichts reizt mich mehr, als mir leibhaftig selbst zu blühen,
da nur in höchsten tönen bin aus mir gelegt,
mich´s eigne wort, schön bis zum letzten deut gediehen,
zum besten hält, besser, als was es überträgt.

doch wenn durch dich uns wieder weiss gegeben,
- so schlank dein wuchs, wie wohl gestaltet, zart -,
dann kehrst den sinn mir um, lässt mich, mein überheben
aus worten, wolken fallen, meine eigne art

mir über, welk wird. ach, ins frische, reine übertragen
wär´s deine stimme – allein die meine muss versagen.


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