Grenzen

 

Zur derzeitigen europäischen Situation liefert PROMEDIA ein ausgezeichnetes Sachbuch von Andrea Komlosy, das in ausführlicher Weise die versuchten Abschottungen im Lauf der Geschichte beschreibt und die damit zusammen-hängenden gesellschaftlichen Entwicklungen klar darstellt.

Bei dem Umfang des Buches von fast 250 Seiten sind schon einige Ungleich-gewichte festzustellen, denn manche der zahlreichen Themen werden mit überreichen Details ausgestattet, andere gedrängt zusammengefasst.

In ihrer „Einleitung“ sind Definitionen der Begriffe, die Aufgabenstellung des Buches und auf Seite 16 das „Sprachfeld ≤Grenze≤: Saum, Zone, Linie, Erweiterung, Ende“

in tabellarischer Form für die Sprachen vom Lateinischem bis zum Französischem klar gezeigt – was auch immer wieder im Text, teilweise in Blockform – aufscheint. Damit ist dieses Buch auch zu einem Nachschlagewerk samt umfangreichen Literaturverzeichnis entwickelt worden.

 

Wichtig erscheint dem Rezensenten die detaillierte Betrachtung über den römischen Limes ab Seite 24 zu sein, in der auch grundlegende Überlegungen zum Anspruch einer Weltmacht auf ihre Territorialität erfolgen. Insbesondere soll auf den zweiten Absatz auf Seite 32 verwiesen werden, in dem die klare Zusammenfassung obiger Überlegungen erfolgt. 1.6. Territorialität und globale Ökonomie ab Seite 63 und 1.7. die Wiederkehr des Staates? ab Seite 76 sind nicht nur hervorragend argumentierte und klar geschriebene Unterkapitel, sie laden zu weiteren Beschäftigung mit den dort erläuterten Umständen ein. Im nächsten Unterkapitel „Clouds und virtuelle Räume“ finde ich im ersten Absatz der Seite 85 den Satz „Die cloud besteht aus vielen Wölkchen“, der keines weiteren Kommentars bedarf. Leider findet sich auf Seite 86 im vierten Absatz eine unrichtige Information, wenn Komlosy für die gegenwärtige Situation in China behauptet, die Bevölkerung strömt in die Küstenstädte. Schon längere Jahre hat die Regierung auch mit Erfolg versucht, die Millionenstädte im Landesinneren weiter zu vergrößern und sie durch große Investitionen in die Infrastruktur sinnvoll zu verbinden.

Im Kapitel 2. Beschäftigt sich die Verfasserin mit der „Typologie der Grenzen“ auf gezählten 61 Seiten, freilich handelt es sich zusammen mit dem „3. Grenzregime und Politik der Grenze“ um den Kern des Buches. Mit dem Inhalt der Absätze 2 und 3 auf Seite 94 kann der Rezensent aber nicht einverstanden sein. Was sind „wilde“ Menschen, und wie sollten sie ihre Wildheit ablegen? Statt Kulte wäre auch das Wort Rituale besser geeignet. Man kann sich nicht in jeder Wissenschaft auskennen, aber ein bisschen Anthropologie ist nicht nur zum Verständnis der Geschichte und der Kolonisationsära von Vorteil! Getröstet wurde ich dann vom Text des Absatz 2 auf Seite 138. Die französische Revolution des 18. Jhdts. hätte schon eine ausführlichere Darstellung benötigt! (Seite 142). Die wirklich wesentlichen geschichtlichen Entwicklungen sind allerdings in der Darstellung von Komlosy ausgezeichnet gelungen.

Mit dem Kapitel 3. ab Seite 151 untersucht die Autorin das „Grenzregime und Politik der Grenze“; im Unterkapitel 3.1. geht es um den Waren- und Kapitalverkehr, der Block auf dieser Seite bringt uns die Orientierung, wobei der Rezensent sich fragt, ob Marktprivilegien oder Zolltarife Dokumente sein können! Interessantes findet sich ab 21. Jhdt.: Doppelte Standards in der Politik der Grenze auf den Seiten 167/68. In 3.2. gibt es zu Beginn den komprimierten Überblick über den Personenverkehr in einem Block auf Seite 169. Der Textbereich beschreibt die jeweilige Situation von der Ortsbindung und sehr eingeschränkten Bewegungsfreiheit im Mittelalter bis zur Schengengrenze und den Migrationsmanagern für die „Festung Europa“. In 3.3. bis 3.4 werden der jeweilige soziale Auf- und Abstieg sowie Kulturelle Grenzen besprochen, wobei mir der .(6) auf Seite 207mit dem Anfang „Sobald die Mechanisierung und Zentralisierung......“ sowie der Absatz 3 auf Seite 211 ganz besonders wichtig erscheint.

 

Frau Komlosy fügt zum Abschluss des Buches noch einen – wie mir erscheint –eigenständigen Essay an, der Titel „Vom Gebrauch der Grenze. Rückblick und Ausblick“ (Seiten 227 bis 234) an, wobei ich mir erlaube, ihre Analyse beginnend mit dem Absatz 4 auf Seite 233 als ganz besonders aktuell zu erachten.

 

 

© 2018 Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H. Wien

ISBN: 978-3-85371-434-8

 

Hermann J. Hendrich, 4/18