Goya im Kunsthistorischen Museum Wien 2005


Ein Ausstellungsbesuch und Rundgang von Franz Krahberger, ergaenzt mit Bildern aus unserer Zeit....

Unter dem Titel "Francisco de GOYA: 1746 – 1828" findet im Kunsthistorischen Museum in Wien die erste monographische Ausstellung in Oesterreich dieses bedeutendsten Maler Spaniens zwischen Diego Velázquez im 17. und Pablo Picasso im 20. Jahrhundert statt.

Die Ausstellung wurde von der Kuratorin des Prado in Madrid, Manuela B. Mena Marqués Rosenthal, zusammengestellt und in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Museen in Berlin und in Wien realisiert. Sie zeigt ca. 70 Gemälde, 35 Zeichnungen und 11 Tapisserien (samt den zugehoerigen gemalten Entwuerfen), umfasst alle Genera von Goyas Malerei und laesst seine Entwicklung in den entscheidenden Phasen nachvollziehen.
Besonderer Akzent ist auf Goyas Portraitkunst gelegt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Prado sind vor allem Leihgaben aus dieser groessten Sammlung der Werke Goyas und aus zahlreichen spanischen Privatsammlungen moeglich geworden, die durch weitere Bilder aus europaeischen und amerikanischen Museen ergaenzt worden sind.
Quelle KHM presse


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Die Veraenderung der Welt durch den Menschen


Fritz Baumgart schreibt in seiner Geschichte der abendlaendischen Malerei, erschienen im Europa Verlag Zuerich 1954, ueber den durch die Aufklaerung bewirkten Traditionsbruch in Gesellschaft, Kultur und Kunst:

Zum erstenmal brach in Deutschland, Frankreich und Italien das Abendland mit seiner eigenen kuenstlerischen Ueberlieferung und fuehrte etwas Neues nicht durch Umwandlung des Alten herauf, wie es bisher stets gewesen war, selbst bei der Revolution Caravaggios, sondern wollte gleichsam von vorne anfangen. Ein Niedergang des Handwerks, des einfachsten malerischen Koennens, war zunaechst die Folge, und es brauchte fast ein halbes Jahrhundert, bis ein wirklich Neues wieder die Faehigkeiten des malerischen Ausdrucks fand.

Nicht ueberall jedoch erfolgte die Abloesung der alten, ausgehoehlten „Weltanschauung“ durch eine neue Gesinnung in der Form des Bruches. In zwei Laendern fand der Uebergang durch Fortfuehrung der malerischen Tradition statt:
In Spanien, das seit der hohen Bluetezeit seiner Malerei im 17.Jahrhundert geschwiegen hatte, mit der ueberragenden Persoenlichkeit Goyas, und in England, das malerisch seit dem Mittelalter ueberhaupt nichts mehr zu sagen gehabt hatte, durch eine ganze Schule ausgezeichneter Portrait- und Landschaftsmaler.

Diese beiden ueberraschenden Erscheinungen, zwischen Vergangenheit und Zukunft stehend und eine einzigartige Bruecke von grosser Bedeutung bildend, stellen eines der merkwuerdigsten Zwischenspiele des europaeischen Geistes dar, der damit seine Faehigkeit verraet, auch bei grossen Umstuerzen die Tradition bewahren und die Vergangenheit, ohne in ihr versklavt zu bleiben, in neue Formen ueberleiten zu koennen.

In Inhalt und Form waechst Francisco de Goya (1746 - 1828) aus der venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts heraus, vorzueglich an Tieopolo anknuepfend. Er wird Hofmaler der spanischen Koenige wie Velasquez, malt die Bildnisse einer masslos verdorbenen Aristokratie, spielerische Szenen gesellschaftlicher Natur, wenige kirchliche Fresken, die kuenstlerisch hervorragend, religioes aber mehr als zweifelhaft sind.
Er schafft zahlreiche Blaetter unheimlichen und grausamen Inhaltes voll packender Wahrheit und malt die Erschiessung der Aufstaendischen vom 3.Mai.1808 zu Madrid, entstanden 1809 bis 1814, durch ein Kommando napoleonischer Grenadiere.


dieses bild dient der illustration des textes von baumgart und ist nicht teil der wiener ausstellung.

Die Wirklichkeit wird als im Licht flackernde Erscheinung gesehen und mit den vollendetsten Mitteln malerischer Kultur wiedergegeben. Und doch hat das Bild mit dem Geist des 18.Jahrhunderts nichts mehr zu tun. Denn der dargestellte Ausschnitt der Wirklichkeit eines geschichtlichen Momentes, ist ein solcher, wie er nie zuvor gesehen worden war.
Er ist die Wirklichkeit eines geschichtlichen Moments, eines genau auf Tag und Stunde festzulegenden Ereignisses, kein allgemeines Bild von Krieg, Aufstand, Unterdrueckung.
Es ist kein durch Allegorien und ideale Formen ueber die Realitaet erhobenes Sinnbild, sondern nacktes, grausames Leben, politische Leben. Patriotische, poltische Kunst.

Dass das Herz Goyas bei der Darstellung dieser erschuetternd ausdrucksvollen Szene unbeteiligt gewesen sein soll, ist nicht anzunehmen, denn zu sehr spricht aus ihr Hass gegen Unterdrueckung., Ungerechtigkeit und fremde Machtherrschaft. Es ist ein Spanier, der neuen Ausdruck fuer etwas ihn Bewegendes ebenfalls neuer Art sucht und findet.

Trotzdem war Goya kein Revolutionaer, er war auch kein Monarchist, obwohl er Hofmaler war:
Er war ein Wahrheit und Freiheit suchender Mensch, der sich gegen alles wandte, was Dummheit, Knechtschaft und Gemeinheit bedeutete. Seine Kunst ist nicht politisch im Sinne einer Partei, wohl aber im Sinne der Menschheit.

Ich will die Frage nicht stellen, ob diese Wiener Ausstellung dem Phaenomen Goya wirklich gerecht wird. Bei solchen Groessen am Sternenhimmel der Malerei muss man nehmen, was einem gegeben wird.
Und doch scheint viel gegeben zu sein, gemessen am Gesamtwerk des Malers ist es hingegen wenig und doch beeindruckend. Abgesehen vom dichten Besucherdurchsatz in den eher kleinen Raeumen und Kojen, der gewohnt konzentrierter Betrachtung hinderlich ist, eroeffnet sich ein, wenn auch bloss ausschnittsmaessiges doch weit gefasstes Spectrum des Goyaschen Werkes.
Insbesondere im Abschnitt kirchliche Kunst zeigt sich ein nicht zu uebersehender Eklektizismus des Malers, abgesehen von den nachgezeichneten Velasquez Bildern, in dem sich eine Analogie von Goya etwa zu George la Tour und dessen dramatischen Umgang mit Licht und Dunkel herstellen laesst. Das soll nun Goya nicht schmaelern, sondern eben Baumgart bestaetigen, der davon spricht, dass Goya sich bewusst aus einer Tradition, aber da eben nicht aus einer, allein die Tieopolos, heraus entwickelt und aus unterschiedlichen malerischen Vorerfahrungen eine neue, eben Goyasche Synthese gebildet hat, eine Verschmelzung von Malweisen, die in eine, eben die seine, uebergegangen sind. Das macht das Gros der in Wien gezeigten Bilder ueberdeutlich.

Ich will mich nun nicht in einer Schilderung der Grossartigkeit der einzelen Werke ergehen, da moege jeder selbst hingehen und sich das selbst ansehen, sondern bloss jenes Moment hervorheben, dass mich bei Betrachtung der Zeichnungen und Skizzen erfasst hat.
Goyas Zeichnungen habe ich diesmal erstmals im Original gesehen, und das allein ist schon ein Grund, die Ausstellung aufzusuchen.
Diese lavierten Zeichnungen, deren Sujets allgemein bekannt sind, tragen eine derartige Meisterschaft in sich, die einem dazu verleitet, zu sagen, da ist der wahre und zeitlose Weltmeister der Zeichung. Was natuerlich ungerecht ist, da es eben ein hoechste Klasse von Zeichnern gibt, die in anderer Weise durchaus vergleichbares geleistet haben.
Die Zeichentechnik erinnert mich an das im 19.Jahrhundert gaengige Weisshoehen, obwohl Goya da nichts in den Vordergrund holt, sondern eben Lichtraum zusaetzlich zur Zeichnung mit sparsamen Graustufungen schafft.

Ebenso erstaunlich und immer wieder aufs neue ueberraschend die psychische Bandbreite des Malers, die vom heiteren, vom liebevollen wie ironischen Betrachten der Welt bis hinab ins tiefe Grauen menschlicher Natur und unsaeglicher Vorfaelle reicht.

In gewisser Hinsicht ist Goya der der Initiatationsknall zsbp. der Time Life Fotografie, die uns in televisionaerer Expansion die Schreckensbilder der Welt im ununterbrochenen Fluss nach Hause ins Wohnzimmer via TV- oder PC Monitor liefert.


Das bedrohte Land

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Frank Capra aus dem spanischen Buergerkrieg - Magnum

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9 / 11 / 2001 CNN source

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Abu Ghraib

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Terror in Madrid 2004

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Terror in London 2005

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Die Vorstaedte von Paris 2005

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Warshow Stand Up

Das ist die neue Realitaet, die aktuelle schreckliche Wirklichkeit.


schnitt

Eine hoechst reizvolle Komposition von widerstrebenden Eigenheiten ist das Portrait des Sohns des Grafen von Altamira. Der Kleine haelt da drei Katzen im Schach, die begehrlich nach der Elster Ausschau halten, die der Junge an einer Schnur haelt.
Zu seiner Rechten steht ein Kaefig, in dem sich diverse Voegel tummeln.
Die Elster haelt im Schnabel ein Kaertchen mit Piktogramm und Signatur des Meisters. Der kleine Comte hat die spannungsgeladene Konstellation, eigentlich typisch fuer Goya, gut im Griff und gibt einen erstaunlich gelassen wirkenden Dompteur ab, der sich seiner Sache gewiss ist.


MANUEL OSORIO MANRIQUE DE ZUNIGA
Um 1790 - Oel auf Leinwand
New York, The Metropolitan Museum of Art,
The Lues Bache Collection, 1949

Auf andere Weise eindrucksvoll das Bild zweier kaempfender, einander entgegenfauchender Katzen. Moeglich ein Sinnbild fuer zwei Hofintriganten, die am Hoehepunkt ihrer Verstrickungen einander wuetend gegenueber stehen, bevor sie einander an die Gurgel gehen.


Aus der vorgefuehrten Reihe der Zeichnungen will ich in einen Roetel anfuehren.


GEGEN DAS ALLGEMEINE WOHL
Contra el bien general
Um 1812 – 15 / 23
Rötelzeichnung
Madrid, Museo Nacional del Prado


Wenn immer es auch zeigen will, den koeniglichen Steuereintreiber oder die franzoesischen Besatzer, den blutgierigen Inquisitor oder in zeitgemaesser Interpretation das skrupellose Hochrisikokapital, meint Goya wohl, dass immer der Teufel das Hauptbuch fuehrt.

Bevor ich mir die Goya Praesentation angesehen habe, bin ich durch die staendige Sammlung gewandert, mir erneut vergegenwaertigend, was ich in Jahrzehnten in Besuchen hier schaetzen und lieben gelernt habe.

Der Weg fuehrt mich wie jedesmal zu den drei Bildern von Luca Giordano (1634 - 1705), der unter der Herrschaft der spanischen Vizekoenige in Neapel gemalt hat. Insbesondere der Bettler hat es mir angetan, der mit glitzernder Wut, aber stolz wie auch welterfahren, ungebrochen den Betrachter anblickt.
Ebenso das grosse Altar Bild, frueher in der Minoritenkriche, in dem der Erzengel Michael die abtruennigen Engel zur Hoelle stuerzt.

Das dritte Bild, dass des Makkaronifressers, bzw. Fischessers hat mich immer frappierend an Goya erinnert. Und tatsaechlich laesst sich eine gemeinsame verbindende Quelle festmachen. Der Maler des spanisches Hofes el Espanoleto Jusepe Ribera (1591 - 1652). Dem einen Lehrer und dem anderen zwangslaeufig bekanntes Vorbild.

Luca Giordanos, auch Luca fa Presto genannt, in der Petrograder Erimitage haengende Bild Die Muehen des Vulcanos zeigt, herausgeloest aus der humanistischen Mythologie, eine schlichte wie kraftvolle Szene aus der alltaeglichen Arbeitswelt eines Schmieds und seiner Gehilfen.


Sein Bildnis Der Fischesser findet mit Leichtigkeit sein Aequivalent in Goyas Schleifer, ein Bild, dass in der aktuellen Ausstellung ebenso gezeigt wird.

Alle Hoellensturzbilder aus der christlich gepraegten Darstellungswelt der europaeischen Malerei, die verzerrten Gesichter und verkruemmten Leiber der Verdammten werden bei Goya umgearbeitet vom Stolz der Armut, von der Qual der goettlich Verdammten hin zur alltaeglichen sozialen Not und der allgemein herrschenden Repression.

Die Verdammnis, das Leid und das damit verbundene allgemeine wie persoenliche Elend, sind nicht Plagen eines strafenden Gottes, sondern ein von Menschen an Menschen verursachtes Uebel.

Das ist die Botschaft Goyas, ebenso wie die der Aufklaerung.
Eine Erkenntnis, zu der sich der Katholizismus im Kern noch immer nicht durchringen kann. Zuviel angehauefter Herrschaftsmechanismus stuende da auf dem Spiel, nicht wahr ?. Da lebt man lieber die angezuechteten Neurosen fort, wie etwa der ebenso aus Spanien stammende Opus Dei, bevor man sich dem Licht der Erkenntnis erschliesst.

Ich habe diesen Rundgang auch dazu verwendet, um nach Bildern und Objekten zu sehen, die ich besonders mag. Etwa den Infantinnen und Infanten Saal des Velasquez oder das Fest des Bohnenkoenigs von Jacob Jordaens (1593 -1678). Der Mann, der in seinem Broetchen die singulaer eingebackene Bohne findet, wird zum Tageskoenig ernannt, die schoenste Frau unter den Anwesenden gekuert und ihm in diesem trunkenen, lukullischen wie obesessiv erotischen bis derben Fest zugesellt.

Vergeblich gesucht habe ich nach dem von Tycho Brahe erstellten und in durchsichtiges Material eingearbeitete Horoskop Albrecht Wallensteins, nach der Wiege des Herzogs von Reichsstadt, nach der Bueste Rudolfs des II. Irgendwie habe ich in Erinnerung, dass in diesem Saal auch eine Bueste Richilieus gestanden hat, gleich der in Sans Souci. Das wird aber von den Kustoden heftig dementiert. Man habe wenig franzoesisches im Haus....vielleicht sollten sie doch einmal ins Sklupturenverzeichnis schauen. Mag aber auch sein, dass mir da die Erinnerung verrutscht ist.

All die grossen Meister, die ich heute nicht genannt habe, moegen mir verzeihen. Wer sich ein umfassendes Bild machen will, moege sich den Fuehrer durch die Sammlungen des Museums erstehen.

Der Puesterich haelt noch immer ohne weitere Hoffnung Ausschau nach Cellinis Salzfass. Auch mir war dies eines der liebsten Stuecke der grossen Sammlung gewesen, das letztendlich durch Unbedachtheit verloren gegangen ist. Erinnerlich...der Dieb konnte allzuleicht ueber das Baugeruest direkt in den Raum gelangen, in dem das gute wie wertvolle Cellini Unikat gezeigt worden ist.

Aber wie es so ist, man kann einem Verlust nicht ewig nachtrauern. Und so habe ich auf meinem diesmaligen Rundgang eine ebenso attraktive Skulptur fuer mich entdeckt, die ich gerne anstelle setze.

Die Venus Urania oder Astronima des Jean Boulogne (1529 -1608), auch genannt Giambologna, hat es mir angetan. Es hat Reiz, sich dieser sproeden wie schoenen Dame zu naehern. Da muss man doch den ob des Cellini Verlustes vergossenen Unmut beiseit legen, wenn einer so schoenen Frau das ganze Universum zu Fuessen gelegt ist.

Da faellt die Trennung vom Salz der Erde leichter, wenn man dafuer den Sternenhimmel gewinnt. Dumm der, der dieses Geschenk nicht annehmen will, wenn es auch in Demut geschehen soll. Der da nein sagt, kommt in der Geschichte wahrhaft zu spaet....
Der Wechsel zu Ziggi Stardust faellt umso leichter, da sich doch diese Dame nur ganz ohne Nebenbuhler umwerben laesst.

Wehe dem Verruchten, der an ihr zu ruehren wagt......!



Die offizielle Website der Ausstellung im KMH




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Biografie Goya auf Inka

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Museo del Prado Madrid

Francisco de Goya


For Being A Jew, unknown date of composition, ink wash drawing British Museum, London


Caprichos Plate 77, Now One, Now Another,Unos à otros

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