Im Mai dieses Jahres richtete das Wiener Dommuseum aus Anlass des 100 Geburtstages von Msgr. Otto Mauer
zu dessen Würdigung eine Ausstellung mit Bildern aus dessen Sammlung moderner österreichischer Kunst aus.
In gewisser Hinsicht kann man dies als späte Einholung ansehen, da der Domprediger und päpstliche Ehrenkämmerer Monsignore Mauer seine ursprüngliche Benennung Galerie St. Stephan nach Interventionen rechtskatholischer Kreise distanzierend in Galerie naechst St.Stephan umbenennen musste, da den österreichischen Konservativen das moderne bis progressive Programm zum Dorn im Auge geworden ist.
Tatsächlich umfasst das Ausstellungsprogramm die wesentlichen österreichischen KünstlerInnen der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts.
Otto Breicha nannte die Galerie 1967 im Wiener KURIER die Bastion für allerneueste Kunst. Wer
in der Galerie St.Stephan ausstellte, zählte zur österreichischen Avantgarde der Moderne. Das glich einer
olympischenWürdigung nach der Methode in Austria weltbekannt - einige sind denn auch der Welt bekannt geworden - , und entsprechend gross war der Respekt zeitgenössisch denkender Intellektueller und KünstlerInnen vor der Galerie und deren Protagonisten, ebenso wie gegenüber ihrem eloquenten Gründer und
Leiter, der nicht allein Domprediger, Wegbereiter des 2.Vaticanums und gemeinsam mit Kardinal König
Mitbegründer der Stiftung Pro Oriente gewesen ist, sondern auch ein fulminanter Theoretiker und Ausstellungspraktiker zeitgenössischer Kunst, allerneuester Kunst sein wollte.
Angesichts des Einflusses, den Otto Mauer in der Kunst- und Kulturpolitik des Landes gehabt hat, sind
jedoch seine hinterbliebenen Arbeiten, wie man sich in einem kurzen Blick in den Fundus der österreichischen
Nationalbibliothek überzeugen kann, relativ verstreut. Noch niemand scheint sich die Mühe gemacht zu haben,
einen Sammelband der kunsttheoretischen Schriften und Eröffnungsreden des Mosnignore zusammen
zu stellen. Er war denn auch mehr Prediger und Rhetor als Schreibender.
Otto Mauers Galerie St.Stephan bewegte sich nicht allein in der österreichischen Kulturpolitik, sie spiegelte
die Kulturpolitik des Kalten Krieges. Mit den Vier Hollegha, Mikl, Prachensky, Arnulf Rainer
begründet Mauer die Gruppe der abstrakten Malerei St. Stephan.
Es scheint dabei kein Zufall zu sein, dass Mauer mit dieser Strategie den wesentlichen Usancen des heimlichen Kultusministerium
der USA im Kalten Krieg, der CIA, die den abstrakten Expressionismus, die abstrakte Kunst als Flaggkunst
des Westens ausgerufen hat, folgte. Alles ist möglich, alles ist frei und an keinerlei Korsett mehr gebunden,
so die Botschaft gegenüber der ideologisch gebundenen Kunst des Ostens mit scheinbar revolutionärem Anspruch.
Diese Kunst wies allen politischen Anspruch von sich, es galt ihr in allem das Credo der Freiheit, der Äusserung
des Freien.
In seinem Buch …frühere Verhältnisse Kunst in Wien nach 1945, erschienen im Verlag Der Apfel 1996 zitiert der Autor Gerhard Habarta Georg Eisler:
Es wäre ein Blödsinn zu behaupten, dass der Monsignore mit seiner Galerie St.Stephan ein CIA Agent war,
aber seine Intentionen liefen genau in die gleiche Richtung, nämlich von links abzudrängen. Ich will
auch nicht implizieren, dass es den Künstlern wie Prachensky oder Rainer bewusst war. Es war die Aufgabe,
die Diktatur des Abstrakten als Alternative darzustellen, als Freiheitstraum. Es sah aus, als ob die Welt
aus zwei Kunssystemen bestünde: Und wehe denjenigen, die sich auf der falschen Seite etwas Falsches
vorstellen.
Entsprechend gehässig wie hinterhältig verliefen in der Wiener Kunstszene die Grabenlinien und es darf
angenommen werden, dass der wahre Kern nicht ein Richtungsstreit in den Künsten gewesen ist, sondern eben
politischer Natur in Affirmation der Kalten Kriegspolitik war. Da gab es die Toleranzbreite keineswegs, die eine
offene Gesellschaft eigentlich ausmacht
Doch die Stürme fanden eher in Wassergläsern der Kaffeehäuser statt, wie Artur Koestler trocken anmerkte,
nachdem die New York Times 1966 den um den Kongress für Freiheit in globalem Masstab inszenierten
Ideologie- und Politikschwindel auffliegen hat lassen, nachdem man von kalter Konfrontationspolitik
zu den von Zbigeniew K. Brzezezinski 1965 im Council on foreign Relations formulierten koexexistentiellen Alternativen zur Teilung und neuen Möglichkeiten für eine gesamteuropäische Politik, die dann auch historisch gesehen tatsächlich zum Erfolg führte, wechselte.
In der Galerie nächst St.Stephan änderte Oswald Oberhuber, der 1965 als künstlerischer Berater von Mauer in die Galerie geholt worden war, langsam den Kurs zur Unzufriedenheit der abstrakten Vier im US-Jeep.
Oberhuber bevorzugte die Objektkunst, den Aktionismus und die Concept Art.
Ende der 60 Jahre wechselten die vier in die Galerie Ariadne, die der Amerikaner George McGuire
mit den Geldern einer Investorengruppe um Karl Schwarzenberg und und John Sailer gegründet hatte.
1974, ein Jahr nach dem Tod Mauers, eröffnete am Wiener Ring John Sailer die Galerie Ulysses
mit einer Ausstellung zum Gedächtnis des Monsignores und die Vier fanden da ihre neue Heimstatt.
Wie bedeutend die Kunst in den Augen von Politikern tatsächlich ist, mag der Ausspruch des 33. Presidenten
der USA, Harry S. Truman, in dessen Regierungszeit die Entscheidung der CIA für die Abstrakte Kunst
als Transportmedium der neueren äusseren Kulturpolitk der USA fällt, verdeutlichen: Er nannte sie
Hottentottenkunst. Diese Bemerkung Trumans wurde von Fritz Molden anlässlich einer
Veranstaltung im Wiener Rathaus kolportiert
.
Eine wesentliche Funktion der dieser neueren österreichischen Kunst made by USA lässt sich an den Übermalungen des
Arnulfs Rainers metaphorisch ablesen. Übermalungen, Zumalungen, Verdrängungen, Überschmierungen,
Verstreichungen, Über-, Ver- und Anschüttungen könnten symbolhaft für das österreichische Dilemma mangelnder Bewältigung des Vergangenen
stehen. Da kann die Abstraktion effektive Verflüchtigungshilfe bieten... ein Bild steht bloss für das Bild, und erzählt
nicht anderes, als da zu sehen wäre....
Erst in den letzten zwei Dezenien wurde das Land schmerzhaft mit seiner wahren Vergangenheit
konfrontiert. Die Posaunen der Freiheit, die Mauer in seiner potemikinischen Galerie der Moderne installierte,
verkündeten zwar diese, halfen aber nicht mit, diese für alle wirksam zu entfalten und zur Blüte zu bringen.
Das Gros der sogenannten Avantgarde erwies sich, wie vieles andere in Österreich auch, als aufgesetzte
Chimäre. Doch durften sie sich im Gefühl sonnen, Elite zu sein...in Österreich weltbekannt...
Unterm Strich werden sie alle von Arnold Schwarzenegger geschlagen. Mister Universum, Mister America,
Bodyartist, Film und Körper, Film Actor, Terminator, Governor California. Offensichtlich kommt man mit true lies weiter als mit Wort und Wahrheit,
bzw. Besessenheit in Kunst pur...
F.K.
Hermann Painitz
Friedensreich Hundertwasser
Hans Hollein
Oswald Oberhuber
Adolf Frohner