Anna Margaretha Vogrin 1946 - 2009









Castillo / Zeichnung: Tatiana Proskouriakoff / Foto Hasso Hohmann

Anna Margaretha Hohmann-Vogrin 1946 - 2009


Architektur und Städte der Maya

Als nach dem Ende des zweiten Weltkrieges auch in Oesterreich die neuen geistigen Stroemungen der Ethnologie, vorbereitet im Frankreich der 30er Jahre mit Michel Leiris, spaeter Mircea Eliade oder Lévi- Strauss und der Cultural Ethnology der spaeten vierziger Jahre in USA, ein Name: Margaret Mead, aufgenommen wurden und die rassistisch und kolonialistisch eingefaerbte Voelkerkunde abloesten, wurde der Generation der in den letzten Kriegsjahren oder kurz nach Kriegsende geborenen bei ihren Hochschulstudien ein neues Erfassen der aussereuropaeischen Hochkulturen moeglich. Vogrin beschaeftigte sich waehrend ihres Architekturstudiums an der Technischen Universitaet Graz zusaetzlich mit den anthropologischen und philosophischen Inhalten der an der Universitaet Graz angebotenen Vorlesungen. Ihre ausgedehnten Reisen nach Vorderasien, Iran und Nordafrika erweiterten ihre Kenntnis ueber die Lebensweise der Bevoelkerung und die Reste der Bauten vergangener Hochkulturen in diesen Raeumen. Die Auseinandersetzung mit dem Strukturalismus und der Semiotik schufen zusammen mit den vom Architekturstudium vermittelten Werkzeugen eine Ausgangsflaeche für die spaeteren Forschungsprojekte und -ergebnisse im ehemaligen praekolumbischen Siedlungsgebiet der Maya.

Ausgehend von Empfehlungen des Ferdinand Anders, eines Mexikanisten in Wien, kam es in 1970 zu einem Forschungsauftrag zusammen mit Hasso Hohmann, in dem die intensive Begehung und Vermessung einer der wichtigsten Maya-Staedte, Copán in Honduras beauftragt wurde. 1982 erschien dann nach einem neuerlichen Forschungsauftrag 1977 als Frucht dieser Arbeit die zweibändige Publikation Die Architektur von Copán der beiden. Es handelt sich bei diesen Bänden mit Dokumentation der Vermessung, Plandarstellung, Untersuchung der baulichen Elemente und des räumlichen Konzeptes um eine der meistzitierten Arbeiten für den Mayaort Copán.
Annegrete Vogrin und Hasso Hohmann: (1982) Die Architektur von Copán (Honduras), Vermessung – Plandarstellung - Untersuchung der baulichen Elemente und des raeumlichen Konzeptes. 2 Baende Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz

Vogrin konnte 1973 ihren Master in Architektur erwerben, und begann nach einer dreijährigen Praxis in einem Architekturbüro als Assistentin am Institut für Staedtebau an der Technischen Universitaet Graz ihre Dissertation Das raeumliche Konzept in der Architektur von Copán, Honduras zu schreiben, die 1978 zum Erwerb des Doktorates führte. Sie konnte ihre Kenntnisse der Theorie des Städtebaus mit ihren intensiven und fast jaehrlich durchgeführten Forschungs- Reisen in die Mayazone - weitere Forschungsauftraege erhielt sie 1985 und 1987 - mit Besuchen aller wichtigen Maya-Orte, zum Teil unter sehr schwierigen Bedingungen, der Sammlung vorhandener Literatur und Plänen sowie einem umfangreichen Konvolut an Fotographien verbinden. Es entstanden im Lauf der Jahre bis Dezember 2008 eine Reihe von mehr als 25 Veröffentlichungen, die von der Fachwelt der Maya-Forscher immer mit großem Interesse aufgenommen wurden.

Eine der fruehesten Ideen von Hohmann-Vogrin bestand darin, dass die Ausrichtung von Bauwerken der Maya zueinander oder die Positionierung von Stelen in grossen Hoefen eine Bedeutung fuer die geschichtliche oder zeremonielle Ordnung haben wuerde, und sie hat das in verschiedenen Publikationen begruendet. 2 (1979) The Astronomical Orientation of Stele I at Copán. In: Archaeoastronomy, vol II, No. 4:10-11 (1989) The spatial relationships of muonuments at copán and Quiriguá. In: Memories des Segundo Coloquio Internacional de Mayistas, vol. I, Mercedes de la GARZA, Editor: 139-148, UNAM México, México D.f.

Ihr Problem bestand darin, dass in vielen Orten der Maya die jeweiligen Stadplaene von Archaeologen erstellt wurden, deren fehlende Genauigkeit sehr oft die von Hohmann-Vogrin intendierten Zuordnungen nicht ermoeglichten. Ihre Habilitationsschrift Struktur und Bedeutung der Stadt 1992 ist sicher einer der umfangreichsten Beiträge zur Erforschung der Maya- Städte. Schon in dieser Arbeit kann sie nach der Analyse der wichtigsten Mayastädte viele Zusammenhänge zwischen dem Gebauten und der sozialen oder religioesen historischen Realitaet aufweisen, ohne die andersartige Gestaltung der Bauten dabei zu übersehen. Eine ihrer wichtigsten Erkenntnisse in der Betrachtung der Maya Staedteplaene war, dass deren Bauten nach anderen Prinzipien aufeinander ausgerichtet sind, als dies von den mit europaeischen oder nordamerikanischen Vorstellungen von Stadt belasteten Archaeologen gesehen wurde. Dafür lieferte sie in einigen Essays die entsprechenden Untersuchungen und Beweise. 3 (1998) Environment and spatial Structure in Lowland Maya Cities. In: IV Congreso International de Mayistas, in Print (2002) Structure and Meaning: Interpreting Maya Architecture. Arte y Ciencia. XXIV Coloquio Internacional de historia del Arte. UNAM, Instituto de Investigaciones Estéticas. Mexico, México D.F.: 61-84

Einen eher umfassenden Beitrag Unidad de espacio y tiempo konnte sie im bekannten Mayabuch des Könnemann Verlages 2001 veröffentlichen.4 (2001) Unidad des espacio y tiempo: La arquitectura Maya. In: Los Maya. Una civilización milenaria. Nikolai Grube, ed.: 192-215 Koennemann, Koeln.

Mit der Jahrtausendwende begann Hohmann-Vogrin, sich sehr intensiv mit der Methode der Space Syntax (SS) (Bill Hillier) auseinanderzusetzen, fuehrte diese Methode und ihre weiteren Entwicklungen auch in ihre Lehre an der Technischen Universität ein und unterzog nicht nur ausgewaehlte Staedte in Europa diesen interessanten Untersuchungen sondern wandte mehr und mehr die SS für Analysen von Mayaorten oder deren Details an. 5 (2005) Space Syntax in Maya Architecture. In: Space Syntax 5th International Symposium, II volumes, Akkelies van Nese, Ed., Delft University of Technology, Delft. Vol II: 279-292 (2006) Spatial alignments in Maya Architecture. In: Space and Spatial analysis in Archaeology, Elizabeth C. Roertson et al. Ed., University of Calgary Press, Calgary: 199-202

Es ist noch anzufuehren, dass Hohmann-Vogrin an vielen Amerikanisten und Mayaisten Kongressen seit 1989 mit Beiträgen zu den jeweiligen Themen zu finden war, und auf diese Weise mit den wichtigsten Forscherinnen und Forschern auf aller Welt im Austausch stand. Schon von ihrer Krankheit gezeichnet hielt sie ihren letzten Vortrag im Dezember 2008 im Musée du Quai Branly in Paris mit dem Titel Exploring syntactic relations in Maya courtyard groups.

Hermann Hendrich am 26.September 2009

Das Bilderraetsel






Tenochtitlan & Manhattan NYC




Fotos Aus Ernesto Grassi > Reisen ohne anzukommen

Annegrete Hohmann-Vogrin und Hermann J. Hendrich Graz im 19.Jahrhundert

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